So wie hier in Friedrichsfelde sieht es bei vielen Altkleider-Containern aus. Bild: Martin Schwarz
So wie hier in Friedrichsfelde sieht es bei vielen Altkleider-Containern aus. Bild: Martin Schwarz

RECYCLING Die Altkleiderbranche steckt in einer tiefen Krise: Pleiten bei Sortieranlagen, eine Flut billiger Fast Fashion und der Einbruch wichtiger Absatzmärkte setzen ihr massiv zu

In vielen Berliner Kiezen bietet sich seit Monaten das gleiche Bild: Wo früher an jeder Ecke Altkleidercontainer standen, klaffen nun ­Lücken – und vor den verbliebenen Sammelstellen stapeln sich ­Plastiksäcke mit alten Jacken, Hosen und T-Shirts. Ein Grund dafür ist eine neue EU-Richtlinie, die seit dem 1. Januar 2025 eine verpflichtende Getrenntsammlung von Alttextilien vorschreibt. Textilien wie Kleidung, Bettwäsche, Handtücher oder Gardinen dürfen nicht mehr über den Restmüll entsorgt werden, sondern müssen über Altkleidercontainer oder Wertstoffhöfe abgegeben werden. Die Regelung soll Recycling und Wiederverwendung fördern, da bisher nur etwa ein Prozent neuer Kleidung aus recycelten Fasern besteht.


In Deutschland war die Getrenntsammlung teils bereits etabliert – gemeinnützige Orga­nisationen wie Caritas oder DRK betreiben zahlreiche Container und Sortieranlagen. Entsorger wie die BSR in Berlin müssen diese Pflicht nun formal sicherstellen. Für Verbraucher ändert sich trotz der verwirrenden EU-Richtlinie jedoch wenig: Kaputte oder stark verschmutzte Textilien dürfen weiterhin im Restmüll landen – die Regel gilt vor allem als Empfehlung, nicht als Verbot.

Sortieren lohnt kaum noch

Doch auch so steckt die Altkleiderbranche bereits in Schwierigkeiten. In den Containern finden sich zunehmend minderwertige bis kaputte Textilien – Fast-Fashion-Abfall genannt –, was das Sortieren unwirtschaftlich macht. Zudem wird der Absatz wiederverwertbarer Textilien immer schwieriger. Märkte in Afrika und Osteuropa brechen weg, weil sie von billigen Importen aus China überschwemmt ­werden oder durch den Ukraine-Krieg blockiert sind.

Hinzu kommen lange Transportzeiten und steigende Sammelkosten. Viele Unternehmen ziehen deshalb ihre Container zurück oder betreiben das Sammeln nur noch eingeschränkt, weil der Erlös die Kosten nicht mehr deckt. Prognosen sprechen gar von ­einem möglichen Kollaps des Systems, wenn die Gebühren nicht etwa über Herstellerabgaben refinanziert werden – so wie es die EU-Richtlinie eigentlich vorsieht.

Weil zudem die Kilopreise für Textilien stark gesunken sind, lohnt sich das Sammeln und Verwerten kaum noch. Erste Sortierbe­triebe sind bereits insolvent oder arbeiten nur noch eingeschränkt, was zu unregelmäßigen Abnahmen führt. Zahlreiche Container wurden deshalb sogar stillgelegt, was illegale Ablagerungen begünstigt.

Spenden mit Bedacht

In Berlin macht sich das Problem besonders bemerkbar: In den dicht besiedelten Vierteln verschwinden Container schneller als neue aufgestellt werden. Behälter, die ­bleiben, sind oft schon nach kurzer Zeit voll – wer seine Kleidung abgeben will, steht vor überquellenden Behältern oder muss den Umweg zu einem der Wertstoffhöfe in Kauf nehmen.

Gleichzeitig appellieren die Verbraucherzentralen und Kleiderstiftungen, weiterhin nur tragfähige Textilien direkt an kari­tative Sammler wie DRK, Caritas oder Berliner Stadtmission abzugeben; stark verschmutzte oder kaputte Ware beeinträchtigt das Recyclingverfahren und belastet die Sammler zusätzlich. Sie gehören in den Restmüll oder zu den Wertstoffhöfen der BSR – dort werden solche Alttextilien dann korrekt entsorgt.

Text: Sascha Uhlig