Konzern will Produktionsverlagerung neu verhandeln
Im Dynamowerk von Siemens in Spandau können die Beschäftigten erst einmal aufatmen. Sechs Monate hatten sie um ihre Jobs gebangt, nun gibt es wieder Hoffnung. Die im November verkündete Verlagerung der Produktion und faktische Schließung des Werks wird neu verhandelt. Darauf haben sich Unternehmensführung und Betriebsräte bei Siemens in der Nacht zum Dienstag geeinigt. Es gebe aber noch keine Entwarnung, so der Berliner IG-Metall-Vorsitzende Klaus Abel.
Entscheidung im September
Zuvor hatte Siemens die umstrittenen Schließungspläne für das Görlitzer Werk zurückgezogen. Zugleich einigten sich Unternehmensführung, Gesamtbetriebsrat und IG Metall auf einen Zukunftspakt für die schwächelnde Kraftwerks- und für die Antriebssparte, wie der Konzern mitteilte. Dieser Pakt bilde die Grundlage für die Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan. Diese sollen nun beginnen und noch im laufenden Geschäftsjahr abgeschlossen werden. Demnach sollte für die Beschäftigten spätestens am 30. September endlich Klarheit bestehen.
Nun geht es auch darum, Alternativen für eine Fertigung im Berliner Dynamowerk abzuwägen, wo 600 Jobs bedroht sind. Es gebe „sehr gute Konzepte für zukunftsfähige Produkte“, so Abel. „Der Standort sei prädestiniert, schlaue Wege zu finden, um industrielle Produktion und mehr als ein Jahrhundert Berliner Industrie-Know-how mit Digitalisierung zu verknüpfen.“ Dies gelte auch für das Gasturbinenwerk in Moabit. Dort sollten ursprünglich die Gehäusefertigung ausgelagert werden. Damit standen 300 Arbeitsplätze vor dem Aus.
Engagierter Protest
„Das Ergebnis der Sondierungen zwischen der Unternehmensleitung und der Gewerkschaft IG Metall kann nur ein erster Schritt sein“, erklärte die Spandauer Bundestagsabgeordnete Helin Evrim Sommer (Die Linke). „Ich freue mich, dass für die Kollegen im Spandauer Dynamowerk zunächst etwas Ruhe einkehrt. Gleichzeitig bedauere ich, dass Joe Kaeser und die Siemensvorstände nicht zu bewegen waren, alle Arbeitsplätze – und das deutschlandweit – dauerhaft zu sichern. Das wäre für die Menschen und den Industriestandort Deutschland die bessere Lösung gewesen.“ Die Siemensianer hätten sich mit ihren Protestaktionen den Abbauplänen der Unternehmensführung engagiert entgegengestellt.
Siemens hatte im Herbst 2017 angekündigt, im Kraftwerks- und Antriebsbereich weltweit rund 6.900 Jobs zu streichen, davon etwa 3.400 in Deutschland. In Berlin sollten danach insgesamt 900 Stellen aussortiert werden.
Text: red, Bild: imago/STTP