
Berlin (dpa/bb) – Ein Neonazi, der als führender Kopf einer rechtsextremen Gruppierung gilt, ist zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Das Berliner Landgericht sprach den 24-Jährigen unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Nötigung schuldig. Der Mann habe aus einer politischen Gesinnung heraus gehandelt und sich «ganz klar außerhalb der Verfassung bewegt», sagte die Vorsitzende Richterin.
Angeklagt waren vier Straftaten, die innerhalb von rund zwei Monaten passierten. Ende August 2024 habe der 24-Jährige einer Aussteigerin aus der Gruppe eine Todesdrohung geschickt. In drei Fällen habe der Angeklagte mit weiteren Personen Männer «aus rechtsstaatsfeindlicher Gesinnung» angegriffen, wie für das Gericht feststand. Politisch andersdenkende Leute seien attackiert worden.
Menschen wegen Antifa-Zeichen attackiert
Laut Ermittlungen nimmt der Angeklagte eine leitende Funktion in der Gruppierung «Deutsche Jugend Voran» ein, die von der Staatsanwaltschaft als rechtsextrem eingestuft wird. Im Prozess gestand der 24-Jährige und sagte, seine politische Einstellung sei «relativ eindeutig». In Zukunft wolle er allerdings ein straffreies Leben führen und seinen Alkoholkonsum einschränken. Was geschehen sei, bereue er.
Im September 2024 hatte er mit weiteren mutmaßlichen Neonazis im Alter von 16 bis 23 Jahren einen Mann überfallen, weil er ein T-Shirt mit der Aufschrift «Antifaschistische Aktion» getragen habe. Die Angreifer hätten versucht, dem Mann das T-Shirt vom Leib zu reißen und ihn dabei auch geschlagen, so die Anklage.
Wenige Tage später habe der Angeklagte mit einer Gruppe in Hellersdorf auf einen Mann eingeschlagen und eingetreten. Zudem sei das Opfer mit einer ungeladenen Luftdruckpistole bedroht worden.
Am 19. Oktober vergangenen Jahres habe der 24-Jährige dann aus einer Gruppe heraus in der S-Bahnlinie 7 einen Fahrgast mit Schlägen und Tritten traktiert, weil er eine Jacke mit Antifa-Emblem trug. Wie auch die anderen beiden Opfer erlitt der Angegriffene unter anderem zahlreiche Hämatome.
Gericht hebt Haftbefehl auf
Der 24-Jährige wurde am 23. Oktober 2024 im Rahmen von Durchsuchungen in der rechtsextremen Szene festgenommen. Seitdem befandet sich der Mann, der keinen Beruf erlernt hat und zuletzt Bürgergeld bezog, in Untersuchungshaft. Das Gericht hob nun den Haftbefehl auf, weil keine Fluchtgefahr mehr bestehe. Damit kam der 24-Jährige zunächst bis zur Rechtskraft des Urteils und einer Ladung zum Strafantritt frei.
Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Strafe von viereinhalb Jahren Haft plädiert. Der Verteidiger beantragte eine mildere Strafe, stellte aber keinen konkreten Antrag. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Gruppen «Jung und Stark» und «Deutsche Jugend Voran» fielen zuletzt bundesweit durch Störaktionen beim Christopher Street Day auf. In Berlin gab es erst im Februar einen Neonazi-Aufmarsch mit rund 150 Teilnehmern. Wie schon bei einem Marsch im Dezember 2024 gab es umfangreiche Gegenproteste.