Berlin (dpa/bb) – Drei ehemalige Soldaten der Bundeswehr haben in einem Prozess um Gewalt gegen einen damaligen Kameraden vor dem Berliner Landgericht gestanden. Für einen 35-jährigen Angeklagten verlas seine Anwältin am zweiten Verhandlungstag, es habe sich um eine ritualisierte Form von «den Anfängern zeigen, wie es geht» gehandelt. Im Geständnis eines 36-Jährigen hieß es, es sei «durchaus häufiger vorgekommen, dass jemand grob geärgert wurde».
Zwei Vorfälle zwischen Februar und Mai 2021 in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin-Reinickendorf sind angeklagt. Opfer war demnach ein inzwischen 24-Jähriger. Zwei 35- und 31-Jährige sollen den damaligen Kameraden auf einer Stube misshandelt und vergewaltigt haben.
Einem 36-Jährigen wird in diesem Fall unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen. Er habe Geschehen beobachtet und nicht eingegriffen. Zudem sei der 36-Jährige beteiligt gewesen, als sich sechs Soldaten nach gerufenem Stichwort «Bombe» auf den jüngeren Kameraden geworfen hätten.
Opfer leidet bis heute unter den Folgen
Der misshandelte 24-Jährige sagte als erster Zeuge, nach den Angriffen hätten ihm damalige Kameraden «regelrecht eingetrichtert, dass es normale Rituale wären». Der 31-Jährige habe ihn festgehalten, der 35-Jährige sei mit einem Fingerhut aus Gummi über einem Finger zu ihm gekommen – «er hat mir von hinten in die Hose gegriffen».
Was in der Kaserne geschehen sei, belaste seinen Alltag bis heute, so der 24-Jährige. Er leide unter Schlafstörungen, Albträumen, Panikattacken. Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst Anfang 2025 sei er in Therapie gewesen. Er selbst habe die Angriffe in der Einheit nicht angezeigt.
Das Verfahren kam vor knapp vier Jahren ins Rollen. Zunächst prüfte das Verteidigungsministerium einen Extremismusverdacht im Wachbataillon. Es gehe um eine mutmaßlich rechtsextreme Gruppe, die sich selbst als «Wolfsrudel» bezeichnet habe, hieß es damals. Es habe Durchsuchungen gegeben. Diese Maßnahmen allerdings waren rechtswidrig, urteilte im Juli 2022 das Bundesverwaltungsgericht. So habe kein Anfangsverdacht bestanden, nur bloße Vermutungen hätten vorgelegen.
Insgesamt vier ehemalige Soldaten angeklagt
Die Staatsanwaltschaft erhob gegen vier ehemalige Soldaten Anklage unter anderem wegen Vergewaltigung, unterlassener Hilfeleistung und gefährlicher Körperverletzung. Einer der Männer sei jedoch nicht auffindbar, hieß es nun am Rande. Sein Verfahren wurde vorläufig eingestellt. Die Verhandlung wird am (morgigen) Mittwoch fortgesetzt.