Erzählkreis: Charmantes und detailreiches vom Leben im Kiez.

Seit mehr als zwanzig Jahren gibt es den Karlshorster Erzählkreis bereits. Damen und Herren aus dem Kiez treffen sich und tragen Geschichten zusammen, die sie in Karlshorst erlebt haben und die sie selbst zu einem kleinen Teil der Kiezgeschichte hat werden lassen. Zum hundertjährigen Bestehen von Karlshorst im Jahr 1995 gab es die erste Geschichtssammlung in einer Broschüre. 1999 folgte eine zweite Ausgabe und Die Erzählbände mit den rund 60 Geschichten wurden zu Bestsellern im Quartier.

Gemeinsame Sache

„Die Karlshorster sind sehr heimatverbunden“, resümiert Eva Badel, die sich seit über zwanzig Jahren für diese historische Sache engagiert. Die inzwischen 87-Jährige war in ihrem Berufsleben als Lektorin beim DDR-Fremdsprachendienst Intertext beschäftigt und kennt sich aus mit Geschichten und Erzählungen. Im Erzählkreis redigiert sie die Episoden, die ihre Karlshorster Mitstreiter vorlegen. Eva Badel sorgt für die würzige Kürze – „Nie länger als zwei, drei Minuten“, lautet ihre Devise.

„Anfang der 2000er Jahre waren wir bis zu 16 Erzähler. Die Ältesten hatten noch die Vorkriegsjahre miterlebt und erzählten Geschichten aus der Ära, als Karlshorst noch ein Berliner Ausflugsziel war“, so Badel. Noch schlummern im Vereinsarchiv eine Menge weiterer Episoden und Erlebnisse aus den vergangenen 120 Jahren – alle so bunt und lustig, wie die von Angelika Pfleger, die im Karlshorster Jazz-Treff in den sechziger Jahren ihren Mann kennenlernte. Im sogenannten Kreiskulturhaus wurde Beat-Musik gespielt – und das streng reglementiert: Die westdeutschen Varianten durften nur 40 Prozent des gesamten Musikprogramms ausmachen. „Die Musiker umgingen die Vorgaben, indem sie die Kompositionen von drüben einfach in einer anderen Tonlage spielten und sie so als eigene Stücke ausgeben konnten“, erklärt Eva Badel die „Umschiffung“ dieser speziellen Vorgaben.

Verstärkung gesucht

Im Moment hat der Erzählkreis nur noch eine Hand voll Mitstreiter. „Wir suchen neue Erzähler. Es gibt ja reichlich neue Nachbarn in den neu gebauten Siedlungen – Das Karlshorst jetzt enorm wächst, ist ja auch bereits ein Teil der Geschichte hier.“, erklärt Johann Fisahn, der auch Fotos zu Vorträgen beisteuert. „Wir suchen Menschen, die uns vielleicht auch technisch etwas unter die Arme greifen können – bei den begleitenden Dia-Vorführungen oder Internetpräsentationen“, ergänzt Eva Badel. Ja, und an einen neuen Erzählband würde sich der Erzählkreis auch gerne wieder heran trauen. Allein die Druckkosten in Höhe von drei bis fünftausend Euro müssten irgendwie vorfinanziert werden – Angebote von Sponsoren sind also auch höchst willkommen.

Wer die Kiezerzähler einmal kennenlernen möchte, hat am 6. September Gelegenheit dazu. Dann gibt es im Kulturhaus Karlshorst die Lesung im Andenken an die langjährige Karlshorster Mitstreiterin und Autorin Rosemarie Erdmann.

Kontakt und Veranstaltung

Karlshorster Erzählkreis, 6.9., 19 Uhr

Kulturhaus Karlshorst I Treskowallee 112

Eintritt sechs, ermäßigt drei Euro

Mehr Infos zum Erzählkreis gibt es per Mail unter:

evabadel@arcor.de

Bild+Text: Stefan Bartylla