
Berlin (dpa/bb) – Knapp fünf Monate nach seiner Verurteilung hat ein führender Neonazi in Berlin seine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten angetreten. Der 24-Jährige sei der Aufforderung zum Haftantritt gefolgt und habe sich bei einer Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges gemeldet, teilte ein Sprecher der Staatsanwalt schafft auf Anfrage mit.
Der «Tagesspiegel» berichtete, dass ihn etwa 30 Neonazis zur Haftanstalt Hakenfelde in Berlin-Spandau begleiteten und veröffentlichte dazu ein Video.
Das Landgericht Berlin hatte den 24-Jährigen am 9. April unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Nötigung verurteilt. Angeklagt waren vier Straftaten, die innerhalb von rund zwei Monaten passierten: Einer Aussteigerin aus der Gruppe schickte er demnach Ende August 2024 eine Todesdrohung. In drei Fällen griff er mit weiteren Personen Männer «aus rechtsstaatsfeindlicher Gesinnung» an, wie für das Gericht feststand. Politisch andersdenkende Leute seien attackiert worden.
Leitende Funktion bei «Deutsche Jugend Voran»
Der 24-Jährige nimmt nach den Ermittlungen eine leitende Funktion in der Gruppierung «Deutsche Jugend Voran» ein, die von der Staatsanwaltschaft als rechtsextrem eingestuft wird. Am 23. Oktober 2024 war er bei Durchsuchungen in der rechtsextremen Szene festgenommen worden. Bis zum Urteil befand er sich in Untersuchungshaft.
Weil aus Sicht des Gerichts keine Fluchtgefahr mehr bestand, kam der 24-Jährige bis zur Rechtskraft des Urteils und einer Ladung zum Strafantritt frei. Sein Verteidiger Mirko Schröder bestätigte auf Anfrage, dass sein Mandat die Aufforderung erhalten habe.
Im Prozess gestand der Neonazi und sagte, seine politische Einstellung sei «relativ eindeutig». In Zukunft wolle er allerdings ein straffreies Leben führen und seinen Alkoholkonsum einschränken. Was geschehen sei, bereue er.
Weitere Ermittlungen
Bei der Staatsanwaltschaft Berlin laufen gegen ihn weiter Ermittlungen zu Vorfällen im Oktober 2024, wie der Sprecher sagte. Es gehe um Beleidigung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Die Gruppen «Jung und Stark» und «Deutsche Jugend Voran» fielen zuletzt bundesweit durch Störaktionen beim Christopher Street Day auf. In Berlin gab es zuletzt mehrfach Neonazi-Aufmärsche – und umfangreiche Gegenproteste.