Als der rot-grün-rote Senat seinerzeit seine Koalitionsvereinbarung vorstellte, musste er wissen, dass er in dieser das eine oder andere faule Ei versteckt hatte.
Der Umgang mit dem siegreichen Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ war ein solches. Während er gerade versucht, Volkes Willen mithilfe einer sehr spät einberufenen Expertenkommission möglichst ins Leere laufen zu lassen, fällt ihm schon das nächste Stinke-Ei vor die Füße: Planung und Weiterbau des 17. Bauabschnitts der Stadtautobahn A100.
Beides, so hatten sich die Berliner Koalitionäre angesichts ihrer Wähler-Klientel geeinigt, wolle man nicht weiter vorantreiben. Wohl wissend im Übrigen, dass der Bau von Autobahnen – auch solche quer durch die Stadt – in der Verantwortung des Bundes, sprich des von der FDP geführten Bundesverkehrsministeriums liegt.
Scharfe Kritik am Weiterbau der A100
Als dieser Tage bekannt wurde, dass man dort nicht nur den 700-Millionen teuren 16. Abschnitt zwischen Neukölln und Treptower Park möglichst schnell vollenden möchte, sondern jetzt auch die Planung für den 17. Bauabschnitt ausgeschrieben hat, wurde kollektiver Protest laut.
So warf der Fraktionschef der Grünen im Abgeordnetenhaus, Werner Graf, Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) „Autobahn-Fetischismus“ vor. Linke-Landesvize Pascal Meiser nannte das Vorgehen des Bundes einen Affront. Die grüne Verkehrssenatorin Bettina Jarasch nannte die Planungen des Bundesministeriums „wie aus der Zeit gefallen“.
Auf die Protestbremse hingegen trat Berlins Regierende Bürgermeisterin. Zwar sei die Koalitionsvereinbarung auch für sie bindend, erklärte Franziska Giffey (SPD). Gleichzeitig betonte sie aber auch die Zuständigkeit des Bundes für den Autobahnbau und wünschte sich, dass er mit dem Land Berlin in einen Dialog darüber treten würde.
Positive Stimmen zum 17. Bauabschnitt
Danach sieht es aber nicht aus, wenn man der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium Daniela Kluckert Glauben schenken darf. Die einstige Vize-Chefin der politisch eher bedeutungslosen Berliner FDP sagte, dass der Senat den Bau nicht stoppen könne: „Das ist eine Bundesangelegenheit – und deshalb treibt das Bundesverkehrsministerium dies voran.“
Auch die Berliner CDU sieht den Weiterbau der A100 positiv: „Damit wird gerade der Osten der Berliner Innenstadt vom Durchgangsverkehr entlastet“, erklärte der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Oliver Friederici.
Auch Berlins Wirtschaft setzt auf die neue Straßenverbindung. „Dieses Projekt ist für den Wirtschaftsverkehr in Berlin von herausragender Bedeutung“, erklärte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), Christian Amsinck. Eine leistungsfähige Infrastruktur sei wichtiger Standortfaktor für die Unternehmen.
Text: Manfred Wolf/dpa