Berlin/Oranienburg (dpa) – Kulturstaatsministerin Claudia Roth hält die Ausladung von russischen Vertretern zum 80. Jahrestag des Kriegsendes für notwendig. Die Grünen-Politikerin unterstützt die Entscheidung der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, dass der russische Botschafter Sergej Netschajew und andere Vertreter den Gedenkveranstaltungen fernbleiben soll.
Der Grund sei, «dass in diesem Jahr für die Feiern zu 80 Jahren Kriegsende, die in Moskau am 9. Mai begangen werden, ein unerträgliches Propagandafeuerwerk des Kreml zu erwarten ist», sagte eine Sprecherin von Roth der Deutschen Presse-Agentur. Der Kreml werde versuchen, «den verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in geschichtsverfälschender Weise zu rechtfertigen».
Mehrere Gedenkfeiern in Berlin und Brandenburg
Vor dem 8. Mai finden in Berlin und Brandenburg mehrere Gedenkveranstaltungen zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs statt. In der Gedenkstätte Sachsenhausen bei Oranienburg werden Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am 4. Mai erwartet. Roth ist am selben Tag in der Gedenkstätte Ravensbrück. Die russische Botschaft plant ein separates Gedenken in Sachsenhausen am Montag (28. April).
«KZ-Gedenkstätten in Deutschland sind unentbehrliche Lernorte gegen das Vergessen und als solche leisten sie gerade auch für junge Menschen einen wesentlichen Beitrag zur Demokratievermittlung, gegen Geschichtsrevisionismus», sagte Roths Sprecherin.
Botschafter weist Vorwurf zurück
Das Auswärtige Amt hatte wegen des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine davon abgeraten, Vertreter von Russland und Belarus bei Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs zuzulassen. Das Ministerium will verhindern, dass Russland die Veranstaltungen instrumentalisieren und mit dem Ukraine-Krieg in Verbindung bringen könnte. Belarus unterstützt den Angriffskrieg.
Der Botschafter wies am Donnerstag die Befürchtung einer propagandistischen Instrumentalisierung der Gedenkveranstaltungen zurück. «Wir haben immer deutlich gemacht und wollen auch heute deutlich machen, dass die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg, den entscheidenden Anteil der Roten Armee an der Zerschlagung des Nazismus und die kolossalen Opfer des Sowjetvolkes nicht von der jeweils aktuellen politischen Agenda abhängen, verdreht oder verschwiegen werden darf.»
Teilnahme an mehreren Gedenken
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält die Ausladung russischer Vertreter von Gedenkveranstaltungen für richtig – dies schrieb er dem Botschafter schon vor zwei Jahren. Netschajew hatte Mitte April an einem Gedenken an die Schlacht auf den Seelower Höhen teilgenommen. Am Freitag besuchte er in Torgau in Sachsen ein Gedenken. Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hatte gefordert, die Teilnahme zu unterbinden.