Berlin (dpa/bb) – Die Berliner Wirtschaft fordert vom Senat einen Verzicht auf eine sogenannte Ausbildungsplatzumlage für alle Arbeitgeber. «Die weitere Befassung mit dem Gesetzesentwurf zur Strafabgabe muss gestoppt werden», sagte der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, Sebastian Stietzel. Die Umlage wirke wie eine Sondersteuer: «Sie führt zu einem völlig unverhältnismäßigem Bürokratieaufwuchs, gefährdet dadurch den Wirtschaftsstandort Berlin und hilft vor allem keinem einzigen Jugendlichen.»
«Wir haben mittlerweile Zweifel, ob es allen Beteiligten im Bündnis für Ausbildung wirklich darum geht, mehr Jugendliche in Ausbildung zu bringen», führte er weiter aus. «Oder ob nicht vielmehr der ideologisch getriebene Wunsch, auf Biegen und Brechen eine widersinnige Strafabgabe einzuführen, zumindest für Teile des Senats vorrangig ist.»
Referentenentwurf für Gesetz fertig
Stietzels Kritik zielt auf Arbeits- und Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe. Die SPD-Politikerin wirft der Wirtschaft vor, zu wenig Lehrstellen zu schaffen, und hofft durch die Umlage-Idee auf mehr Dynamik. Sie hatte vor einem Monat mitgeteilt, dass sie ein Gesetz zur Einführung der Umlage für den Fall vorbereitet, dass das Ziel von 2.000 zusätzlichen Lehrstellen bis Ende 2025 nicht erreicht wird. Ein Referentenentwurf sei fertig, nun starte ein breiter Beteiligungsprozess.
Die – in Bremen bereits umgesetzte – Idee: Alle Arbeitgeber zahlen eine bestimmte Summe, die sich an ihren Lohnkosten orientiert, in eine «Ausbildungskasse». Aus diesem Topf erhalten diejenigen Geld, die Lehrstellen anbieten und besetzen – um ihre Kosten für die Ausbildung junger Menschen zu bezuschussen. Diese Erstattungen sollen höher sein als die in den Fonds zu zahlende Umlage. Viele Details sind beim Kiziltepe-Plan indes noch offen.
Problem «Matching»
«Der Verweis auf die angeblich unzureichenden Ausbildungsaktivitäten der Berliner Unternehmen führt aus unserer Sicht in die Irre», sagte Stietzel. «Das Problem ist nicht die Zahl der Ausbildungsplätze, das Problem ist das Matching. Jugendliche und Unternehmen finden nicht zueinander.» Hier müssten die Verantwortlichen im Bündnis für Ausbildung echte Verbesserungen erreichen.
Dem im August 2023 gebildeten Bündnis, das am Montag (26.5.) zu seinem nächsten Treffen zusammenkommt, gehören Politiker, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften an. Es hatte das Ziel von 34.835 Lehrstellen am 31. Dezember 2025 formuliert. Basis war die Zahl von 32.835 Lehrstellen Ende 2023.
Abgabe steht im Koalitionsvertrag
Zuvor hatten sich CDU und SPD 2023 in ihrem Koalitionsvertrag auf das Plus von 2.000 dauerhaften Ausbildungsplätze verständigt. Sollte das nicht gelingen, werde eine gesetzliche Ausbildungsplatzumlage eingeführt.
Während sich Kiziltepe auf diese Abmachungen beruft, rückt der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) inzwischen davon ab. Er stellte sich im April gegen den jüngsten Vorstoß der SPD-Senatorin und erteilte ihr öffentlich einen Rüffel. «Es ist jetzt der falsche Zeitpunkt, eine Ausbildungsabgabe vorzubereiten, die die Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zusätzlich belastet», sagte er. Alle Beteiligten müssten sich auf die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze konzentrieren.