Die dänische Tragikkomödie „Therapie für Wikinger“
Was ist normal? Und wer entscheidet eigentlich darüber, was normal ist? Und wenn alle unnormal sind, ist dann das Unnormale normal und das Normale unnormal? Solche oder ähnliche Gedanken macht sich Anders Thomas Jensen wohl schon länger.
Jensen ist der erfolgreichste Drehbuchautor Dänemarks, hat die Vorlagen zu internationalen Erfolgsfilmen wie „In einer besseren Welt“, „Love Is All You Need“ oder „King’s Land“ geliefert. Doch besonders in jenen Filmen, in denen der 53-Jährige auch die Regie übernahm, hat er die Grenzen der Normalität ausgelotet, so im Meisterwerk „Adams Äpfel“, in „Men & Chicken“ und zuletzt in „Helden der Wahrscheinlichkeit“.
Und wieder lädt er uns in „Therapie für Wikinger“ dazu ein, mit schrägen Gestalten eine verrückte Reise zu unternehmen. Nach 15 Jahren Knast ist Anker (Nikolaj Lie Kaas ist dem Jensen-Universum eng verbunden) wieder aus dem Knast raus und sucht umgehend seinen Bruder Manfred (Mads Mikkelsen, auch er ist Stammschauspieler bei Jensen) auf.
Denn nur er weiß, wo die Beute des Überfalls vergraben ist. Doch ach: Manfred war schon als Kind besonders und hielt sich für einen Wikinger. Mittlerweile meint der sensible Mann, er sei John Lennon – und springt schon mal aus einem fahrenden Auto, wenn ihn jemand Manfred nennt.
An den Ort der Beute kann sich John Lennon offenbar nicht erinnern. Aber wie wird John wieder Manfred? Da hat der in psychischen Dingen bewanderte Lothar (Lars Brygmann) eine Idee:
Er kenne da einen Insassen, der hält sich für Ringo Starr, und ein anderer abwechselnd für Paul McCartney und George Harrison. Man müsse also nur die Beatles wiedervereinigen, damit sich John in seiner Welt wohlfühlt und so wieder aus ihr herausfindet.
Die Gruppe fährt also zum alten Elternhaus von Anker und Manfred, das mit üblen Kindheitserinnerungen verknüpft ist, und die Bandproben können beginnen. Währenddessen gräbt Anker im nahen Wald, und es nähert sich mit Flemming (Nicolas Bro, Jensen-Stammschauspieler) ein extrem gewalttätiger Typ, der die Beute haben will …
Wieder einmal führt uns Anders Thomas Jensen vor, was man bereit ist, als Zuschauer zu schlucken, wenn das Ganze in sich kohärent ist.
Und so erleben wie einen durchgeknallten Trip, der trotz böser Witze aber immer wieder eine erstaunliche Sensibilität aufweist und Themen wie Familie, Identität und Traumata mitschwingen lässt. Denn auch Jensen weiß: Jede gute Komödie hat ihre Wurzeln im Tragischen.
Therapie für Wikinger DK 2025, 116 Min., R: Anders Thomas Jensen, D: Nicolai Lie Kaas, Mads Mikkelsen, Lars Brygmann u.a., Kinostart: 25.12.
Text: Martin Schwarz

