Das Regiedebüt „Sorry, Baby“ erzählt von den Folgen einer Gewalttat
Es ist etwas passiert. Etwas Schlimmes im Leben von Agnes (Eva Victor). Im ersten von fünf Kapiteln erleben wir die junge Literaturprofessorin in einem abgelegenen Haus irgendwo in Neu-England.
Doch man spürt: Agnes hat trotz dieses üblen Vorfalls ins Leben zurückgefunden. Man spürt aber auch: Eine innere Narbe wird immer bleiben. Nun hat Agnes Besuch bekommen von ihrer allerbesten Freundin Lydie (Naomi Ackie). Und die erzählt ihr, dass sie schwanger ist.
Die US-Amerikanerin Eva Victor hat für ein Regiedebüt Erstaunliches vollbracht: Der Film entstand nach einem eigenen Drehbuch und mit ihr selbst in der Hauptrolle. Dazu wählte sie eine komplexe Struktur: Die Geschichte der Agnes wird nicht chronologisch erzählt. Erst im weiteren Verlauf erfahren wir, was der jungen, hochtalentierten Frau zugestoßen ist: ein sexueller Übergriff durch ihren Mentor und Professor.
Und natürlich muss sie danach die peinliche Untersuchung eines emotionslosen Arztes ebenso über sich ergehen lassen wie das Verstecken der zuständigen Universitätsangestellten hinter irgendwelchen Paragrafen und Bestimmungen. Doch eine hält immer zu ihr: Lydie. Sie ist inzwischen mit ihrer Partnerin stolze Mutter eines süßen Jungen geworden. Agnes selbst lässt sich auf eine Liaison mit ihrem etwas tapsigen Nachbarn Gavin (Lucas Hedges, bekannt aus „Manchester by the Sea“) ein und kann so etwas wie Nähe zulassen.
„Sorry, Baby“ ist keineswegs ein bedrückender Problemfilm, sondern ein sensibles Porträt einer jungen Frau auf dem mitunter beschwerlichen Weg zurück ins Leben, angereichert mit einem klugen Humor. Besonders die Unterhaltungen zwischen Agnes und Lydie wirken lebendig und sind mit Bonmots gespickt – so forsch wie sich enge Freundinnen nun mal mitunter unterhalten.
Mit Barry Jenkins („Moonlight“), der hier als Koproduzent fungiert, fand Eva Victor einen Unterstützer, der ja gerade für sein einfühlsames Erzählen bekannt geworden ist. Schön, dass es immer wieder auch solche unabhängig produzierten US-Filme in unsere Kinos schaffen.
Sorry, Baby USA 2025, 104 Min., R: Eva Victor, D: Eva Victor, Naomi Ackie, Lucas Hedges, Louis Cancelmi u.a.
Kinostart: 18.12.
Text: Martin Schwarz



