Rentnerin Bärbel Wettig strickt fleißig für die Notübernachtung in der Samariterkirche.

Diese schöne Geschichte kennt nur Gewinner: Da ist zum einen Kosmetikerin Gabriele Biedermann aus Hohenschönhausen, die in ihrem Salon an der Käthestraße 9 nicht nur für strahlende Haut und einen schönen Augenaufschlag sorgt. Seit fünf Jahren schon sammelt sie hier auch Wäsche und Hygieneartikel für obdachlose Menschen. Mit einem Schild an der Kasse ihres kleinen Ladens bittet sie ihre Kunden um Sachspenden. Und da kommt einiges zusammen: Wäsche, Shampoo, Zahnpasta, Kämme, Pflaster und Verbandszeug.

Teil einer Aktion

„Alles neue Sachen, die meine Kunden extra für diesen Zweck kaufen und bei mir abgeben“, sagt Biedermann. Nagelneu und handgefertigt sind auch die Wollsocken, die sich mittlerweile zu einem Riesenberg häufen und die Volker Gothe, der fleißige Helfer im Kosmetiksalon von Gabriele Biedermann, einmal im Monat in die Notübernachtung in der Friedrichshainer Samariterkirche fährt. Dort ist man über jedes wärmende Sockenpaar froh. 

Über 300 Paare in eineinhalb Jahren

Für die Flut an selbstgestrickten Socken ist niemand anderes verantwortlich als Bärbel Wettig. Die Rentnerin aus Hohenschönhausen sagt: „Drei Strümpfe am Tag schaffe ich. Meistens stricke ich beim Fernsehen. Nebenbei kann ich mich dann auch noch mit meinem Mann unterhalten.” Ihre Lieblingsserien, die dabei über den Fernsehbildschirm flimmern: „Rote Rosen“ und „Sturm der Liebe“. Ihr Ehemann Peter Wettig hilft ihr beim Kaufen der Wolle – meistens in großen Mengen im Discounter. „Wenn da was im Angebot ist und die Qualität stimmt, dann schlagen wir zu und machen den Einkaufswagen randvoll“, erzählt Peter Wettig. Manchmal würden die anderen Leute in der Schlange an der Kasse schon ein wenig komisch gucken. „Dann erklären wir denen das. Die Leute sind dann meist total begeistert“, sagt der rüstige Rentner, der auch bei der „Abwicklung“ der vielen Wollknäuel behilflich ist, damit seine Frau mit den flinken Stricknadeln loslegen kann. 300 (!) Paar dicker Wollsocken kamen so in den vergangenen Jahren zusammen. Die wärmen jetzt viele obdachlose Menschen in den kalten Wintermonaten.

Kleeblatt mit Herz (v.l.): Bärbel Wettig, Volker Gothe, Gabriele Biedermann und Peter Wettig.
Kleeblatt mit Herz (v.l.): Bärbel Wettig, Volker Gothe, Gabriele Biedermann und Peter Wettig.

„Wir bekommen im Salon ja immer viele tolle Spenden. Aber der Einsatz von Frau Wettig ist wirklich außergewöhnlich. Wir sind alle total begeistert“, sagt Gabriele Biedermann. Die hat sich auch einmal selbst bei der Notübernachtungsstelle in der Friedrichshainer Samariterkirche umgesehen. „Das ist eine tolle Arbeit, die die vielen jungen Leute dort leisten. Dort erhalten die obdachlosen Menschen Essen, Kleider und auch einen Platz, um sich auszuruhen und aufzuwärmen“, erzählt sie. Sie weiß, dass Schicksalsschläge wirklich jeden treffen können: „Wenn du deine Arbeit verlierst oder plötzlich schwer krank wirst, kann es schnell passieren, dass du deine Miete nicht mehr zahlen kannst. Armut und Obdachlosigkeit sind dann oft der nächste Schritt.“ Jegliche Hilfe von Menschen aus dem näheren Umfeld sei dann besonders wichtig, sagt sie.

Datum: 13. Februar 2020, Bilder und Text: Stefan Bartylla