Initiative bringt Bürgerbegehren auf den Weg.
Dreckige Toiletten, klebrige Flure und müffelnde Sporthallen: In vielen Berliner Schulen stinkt es sprichwörtlich zum Himmel. Immer wieder ist zu hören, dass Lehrer und Eltern zu Lappen und Eimer greifen, um die Lage für die Kinder erträglich zu machen. Der Grund: Es wird nachlässig, selten oder stellenweise gar nicht geputzt. Die Initiative „Schule in Not“ will das ändern. Ihr Ziel ist es, die Schulreinigung wieder in die Hand der Bezirke zurückzugeben. Die Reinigungskräfte sollen Tarifbeschäftigte im Öffentlichen Dienst sein, die grundsätzlich einzelnen Schulen zugeordnet werden. „Nur so können in diesem System aus Unterbietungswettbewerb und Dumpinglöhnen saubere Schulen zu guten Arbeitsbedingungen erreicht werden“, heißt es von dem Bündnis. Dafür haben sie in sieben Bezirken Einwohneranträge auf den Weg gebracht. In Neukölln wurde erfolgreich ein Bürgerbegehren gestartet. Dafür kamen rund 11.900 Unterschriften zusammen. 7.000 Unterschriften waren nötig.
12.000 Unterschriften
In dem Bürgerbegehren wird verlangt, dass die Neuköllner Verwaltung die Gebäudereinigung in den bezirksweit 60 öffentlichen Schulen spätestens im Schuljahr 2021/22 von Fremd- auf Eigenreinigung umstellt. Regelmäßig sollen die Leistungskennzeichen auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüft werden. Die erforderlichen finanziellen Mittel sollen im Bezirksdoppelhaushalt eingestellt werden. Ende Januar wurden die Unterschriften in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) abgegeben. Das Bezirksamt hat bis zum 21 Februar Zeit, um die Stimmen auf Gültigkeit zu prüfen. Danach bleiben der BVV zwei Monate, um die Forderungen in ihrer jetzigen oder in geänderter Form zu übernehmen. Gibt es keine Lösung, kommt es spätestens bis zum 21. Juni zu einem Bürgerentscheid. „Gute Reinigung braucht gute Arbeitsbedingungen und realistische Leistungsvorgaben für die Reinigungskräfte“, teilt die Initiative mit. „Weil der Markt beides nicht gewährleisten kann, muss die Reinigung zurück in die öffentliche Hand.“ Schon vor Jahrzehnten haben die Bezirksverwaltungen die Reinigung von Schulgebäuden ausgelagert. Seitdem wird die Dienstleistung öffentlich ausgeschrieben. Welche Privatfirma den Zuschlag erhält, hängt in der Regel davon ab, wer den günstigsten Preis anbietet. Das daraus abzuleitende Budget genügt nicht annähernd, um die Schulen sauber zu halten, sagen Kritiker.
Strukturelles Problem
„Schule in Not“ ist ein Bündnis aus Lehrkräften, Erziehern, Hausmeistern, Eltern, Sonderpädagogen und Bürgern. Ihren Anfang nahm die 2019 gegründete Initiative in Neukölln. Wegen der hygienischen Zustände an der Fritz-Karsen-Schule und an anderen Standorten im Bezirk waren Eltern, Schüler, Lehrer und Reinigungskräfte im Oktober auf die Straße gegangen. Philipp Dehne, der Sprecher der Initiative, macht den Handlungsbedarf aber an keiner Schule und an keinem Bezirk fest. „Es gibt keine krassen Ausreißer, sondern ein strukturelles Problem“, sagt er. Ein erster Erfolg sei, dass inzwischen für die Jahre 2020 und 2021 vom Land insgesamt 16 Millionen Euro zusätzlich für die Schulreinigung bereitgestellt worden sind. Das Kernteam der Gruppe besteht aus rund 30 Menschen. Mit dem erweiterten Unterstützerkreis sind es insgesamt rund 1.000 Aktive. Neben Sauberkeit prägen bessere Arbeitsbedingungen für Lehrer, Inklusion und Brennpunktschulen das Engagement. Demnächst steht ein Runder Tisch mit den Bildungsexperten der Fraktionen von SPD, Grünen und Linken auf dem Programm.
Datum: 15. Februar 2020, Text: nm/red, Bild: Getty Images Plus/iStock/ChiccoDodiF