Friedrichshain-Kreuzberg will Zero-Waste-Bezirk werden
Höchste Bevölkerungsdichte, kleinste Fläche, die meisten Clubs – das ist Friedrichshain-Kreuzberg. 290.000 Menschen leben im Bezirk, anderthalb Millionen Gäste bleiben mindestens eine Nacht. Es gibt 105 Hotels, Tausende Airbnb-Unterkünfte. Hinzu kommen 780 Wochenmarkttage und rund 250 Veranstaltungen im Jahr.
Die Schattenseite des quirligen Lebens: Unmengen an Müll. 462 Kilogramm werden pro Kopf jedes Jahr produziert. Täglich werden allein in Friedrichshain-Kreuzberg 42.000 Plastik- und Pappbecher für den Coffee-to-go weggeschmissen. Würde man diese aneinanderreihen, ergäbe das eine Strecke vom S-Bahnhof Frankfurter Allee bis zum Alex.
Neues Konzept
„Der Müll im öffentlichen Raum beschäftigt uns schon seit Jahren sehr“, sagt Clara Herrmann (Grüne), Bezirksstadträtin für Umwelt. Der Bezirk habe ein sehr hohes Müllaufkommen, vor allem in den Grünanlagen. Friedrichshain-Kreuzberg hat daher nun für 60.000 Euro ein umfassendes Zero-Waste-Konzept gemeinsam mit Circular Berlin, Bund Berlin und der Grünen Liga Berlin erarbeitet, das der Berliner Zeitung exklusiv vorliegt – die Leitlinien sollen eine Art Road-Map auf dem Weg zu einem „Zero Waste“-Bezirk sein. Die wichtigsten Punkte sind unter anderem:
Grillen im Park
Um Müll durch Wegwerfgrills zu vermeiden, will der Bezirk mittelfristig nach Wiener Vorbild feste, wetterbeständige Grillstationen als Sharing-Modell installieren. Die Grills können online reserviert werden. Sie sollen durch das Parkmanagement gepflegt und kontrolliert werden. Darüber sollen Einweggrills auf öffentlichen Grünflächen verboten werden. Mitarbeiter des Ordnungsamtes und Parkranger sollen die Einhaltung kontrollieren und ahnden
Abfallarmer Einkauf
Der Kreuzberger Supermarkt Original Unverpackt hat vor ein paar Jahren vorgemacht, wie das Einkaufen ohne Verpackung funktionieren kann. In einem Modellprojekt will man nun gemeinsam mit großen Handelsketten und lokalen Supermärkten überlegen, wie das abfallarme Einkaufen handhabbar wird. So könnten Betreiber ihren Kunden anbieten, dass sie ihre Lebensmittel in mitgebrachte, saubere Gefäße füllen können – statt Einwegverpackungen nach Hause mitzunehmen.
Pfandflaschen
Nach dem Vorbild von „Pfand gehört daneben“ soll mit sogenannten Pfandringen (Flaschenhalterungen um den Papierkorb) und Pfandkästen an Abfallhotspots die Anzahl leerer Flaschen reduziert werden. So wird Flaschensammlern zum einen die Arbeit erleichtert, zum anderen erfüllt das Konzept eine soziale Komponente.
Ballot Bins
Kippen sind eine Plage. Der achtlos weggeworfene Stummel ist nicht nur giftig für die Umwelt, er verursacht auch jedes Jahr Berge von Müll. Zwar kostet es seit dem 1. Januar 2020 bis zu 120 Euro Bußgeld, wenn man die Kippe einfach auf den Boden wirft, aber ob die Sanktionen wirklich Abhilfe schaffen, ist fraglich. Der Bezirk setzt daher auf die Installation sogenannter Ballot Bins – große auffällig gestaltete Hängeaschenbecher, die Raucher dazu animieren sollen, ihre Kippen hineinzuschmeißen.
Senat unterstützt
„Es geht darum, dass der Müll am besten erst gar nicht entsteht“, so Bezirksstadträtin Herrmann. Man wolle versuchen, an verschiedenen Müll-Hotspots im Bezirk diverse Pilotprojekte zu starten, um Abfall zu vermeiden beziehungsweise dafür zu sorgen, dass er zumindest entsprechend entsorgt oder recycelt wird. Vor allem sollen Zivilgesellschaft und Bürger eingebunden werden.
Der Senat unterstützt die Bezirke unter anderem durch das Aktionsprogramm „Saubere Stadt“, mit dem finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. So bekam Friedrichshain-Kreuzberg im Jahr 2019 zum Beispiel 635.000 Euro, Mitte bekam 680.000 Euro. Welche Maßnahmen die Bezirke realisieren, bleibt ihnen selbst überlassen.
Datum: 9. Januar 2020 Text: M. Reinsch Bild: imago images/Hohlfeld
Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung der Berliner Zeitung.