Stubentiger töten 200 Millionen Tiere im Jahr.
In der Zeitung las ich von einem interessanten Vorschlag. Er kommt aus den Niederlanden. Die beiden Umwelt-Juristen Arie Trouwborst und Han Somsen fordern, dass Katzen in der EU nur noch im Haus gehalten werden sollen. Oder, sobald sie das Haus verlassen, angeleint werden. Quasi wie ein Hund, der eine Katze ist. Als Grund für diese Maßnahme geben die Juristen Umweltschutzgründe an. Allein in den Niederlanden würden freilaufende Hauskatzen jährlich 140 Millionen wilde Tiere töten. In Deutschland sollen es 200 Millionen sein. Dazu seien in Europa 370 Tierarten durch die Hauskatze bedroht.
Unschuldiger Blick. Morgens verlässt unsere Katze die Wohnung und geht in den Hof. Ein paar Stunden später, wenn sie Hunger hat, steht sie wieder oben vor unserer Wohnungstür und maunzt. Leider kann sie nicht klingeln. Sie ist zu klein und hat keine Finger. Ich habe meine Katze gefragt: Tötest du andere Tiere? Hast du einen mörderischen Jagdtrieb? Sei ehrlich! Sie hat den Kopf geschüttelt und unschuldig-süß geguckt. Dazu hob sie die rechte Pfote zum Ich-töte-nicht-Schwur. Die linke Pfote aber hielt sie hinter dem Rücken versteckt, so, als würde sie die Finger kreuzen.
Verbal bedroht
Unsere Wohnung hat einen Balkon. Dort beobachtet die Katze gerne Vögel. Ich glaube nicht, dass sie die Vögel essen will, es ist eher ein ornithologisches Interesse. Manchmal spricht die Katze auch mit den Vögeln. Eine Art aufgeregtes Miauen und Knurren. Im Katzenhandbuch steht, dass Katzen dies häufig dann tun, wenn sie die Vögel gerne jagen würden, aber keine Chance sehen. Weil die Vögel zum Beispiel auf einem hohen Ast sitzen. Dann werden die Vögel beschimpft. Oder bedroht. Verbal.
Oft fahren wir mit der Katze ins Haus nach Brandenburg. Dort gibt es einen schönen Garten. Darin wohnen andere Tiere, zum Beispiel Grashüpfer und Eichhörnchen. Auf der Jagd nach Grashüpfern hüpft die Katze dann ebenfalls durch Gras. Zuweilen erwischt unsere Katze eine Maus. Die Mäusejagd galt jahrhundertelang als vom Menschen bewunderte Kernkompetenz im Berufsleben einer Katze. Heute scheint dies unter Umweltzerstörung zu fallen. Leider trägt unsere Katze die erjagten Mäuse gerne ins Haus.
Tolles Geschenk
Ich finde das unschön, aber im Katzenhandbuch steht, dass man die Katze dafür nicht bestrafen darf. Die Beute sei ein Geschenk, das die Katze dem geliebten Menschen ins Haus bringt. Also bedanke ich mich bei ihr für das tolle, halb tote Geschenk. Anschließend versuche ich die arme Maus zu retten. Sollte man Katzen, diese Killermaschinen, zukünftig nur noch im Haus halten? Oder an der Leine führen? Aus Umweltgründen? Das ist eine Lösung, gewiss. Noch umweltschonender wäre es doch aber, würden die Katzen den allergrößten Umweltzerstörer und Arten-Ausrotter zukünftig an der Leine führen: den Menschen.
Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung der Berliner Zeitung.
Datum: 19. Dezember 2019. Text:Jochen-Martin Gutsch. Bild: GettyImagesPlus/iStock/vovik mar