Die KunstEtagenPankow müssen Eigentumswohnungen weichen
Gerade eben erst hat es die Ateliergemeinschaft in der ehemaligen Australischen Botschaft erwischt, da kommt schon die nächste Hiobsbotschaft Die Räume der KunstEtagenPankow sind gekündigt. Damit geht ein weiterer Berliner Kreativstandort verloren. Nach zehn Jahren des künstlerischen Austauschs und der Vernetzung im Altpankower Kiez mit Werkschauen, Ausstellungen und Projekten müssen die Räume in der Pestalozzistraße 5–8 zum 31. Dezember aufgegeben werden. Aus dem Plattenbau der Intrac, des geheimnisumwitterten Devisenbeschaffers unter Führung von Alexander Schalck-Golodkowski, werden hochwertige Eigentumswohnungen.
Die Zukunft der vielen Künstler hingegen ist ungewiss. Damit geht eine schöne Zeit zu Ende und die Kreativen werden am 16. und 17. November zum letzten Mal in diesem Haus ihre Ateliertüren öffnen und sich gebührend mit einer großen letzten Werkschau im Gebäude und vom Stadtbezirk als Standort verabschieden.
Erfolglose Verhandlungen
Die Künstlergruppe KunstEtagenPankow vereint Künstler aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Grafik, Musik, Fotografie/Film, Mode und Kunsthandwerk unter dem Dach dieses geschichtsträchtigen Gebäudes. Die langen Verhandlungen mit Eigentümer und dem Stadtbezirk sowie Vermittlungsversuche von Kulturamt und Bürgermeister Sören Benn (Die Linke) blieben leider ohne Erfolg. Alle Ideen und Projekte in dem Gebäude im Künstlerviertel Altpankow sind damit erst mal verloren.
Und einmal mehr wird deutlich: In Berlin, der Stadt der Künstler, wird nicht nur Wohnraum teuer. Auch Atelierräume sind mittlerweile unerschwinglich geworden. Laut Angaben des Berufsverbandes Bildender Künstler Berlin (bbk) fehlen berlinweit bereits 5.000 Ateliers. „Lost Paradise“ für viele der Kunstschaffenden, Aufbruch zu neuen Ufern für andere Kollegen, die die Stadt verlassen.
Mittel gekürzt
Da ist es ein erschreckendes Zeichen, dass sich trotz unzähliger Versprechen der Kulturverwaltung nur die FDP bisher für die Forderungen des bbk berlin sowie der Freien Szene nach Finanzierung des dringenden Kulturwerksbedarfs schon ab 2020 und einer Aufstockung der Arbeitsstipendien eingesetzt hat. Abgeordnete rot-rot-grünen Regierungskoalition haben das bislang nicht.
Ganz im Gegenteil: Der Senat hat sogar – verglichen mit seinem ursprünglichen Haushaltsentwurf – eine Kürzung der Mittel für das sogenannte Arbeitsraumprogramm, aus dem jetzt auch die Atelierförderung finanziert wird, beschlossen und könnte somit die bereits bedrohliche Lage vieler Künstler weiter verschärfen. Die finale Lesung im Hauptausschuss findet am 29. November statt und ist die letzte Chance, strukturelle Verbesserungen für die Jahre 2010/21 zu schaffen. Die nächsten 14 Tage können entscheidend sein.
Zahlreiche Gäste
Am 16. November von 14 bis 20 Uhr und am 17. November von 14 bis 18 Uhr öffnen viele KEP-Künstler, unterstützt durch zahlreiche Gäste, zum letzten Mal ihre Ateliers für die Werkschau 2019. Geboten wird ein sehr persönlicher Einblick in das vielfältige künstlerische Schaffen der KunstEtagenPankow.
Höhepunkt der Werkschau werden sicherlich die Live-Tattooaktion des spanischen Künstlers Sergio Vila, die Butoh-Performance der japanischen Tänzerin Makiko Tominaga und des Musikers Marcel Schmid sowie die Mail-Art-Ausstellung „Das ist mein Milieu“ der Künstlerin Juliana Hellmundt sein. Zu diesem Projekt anlässlich des 90. Todestages von Heinrich Zille haben 100 Künstler aus 28 Länder ihre Beiträge eingereicht. Zu sehen ist es im Atelier Raum 431. Anlässlich des Auszugs der KunstEtagenPankow und der allerletzten Werkschau wird es eine limitierte Gedenkbriefmarke geben, die von Christian Badel gestaltet wurde.
Datum: 13. November 2019 Text: Manfred Wolf Bild: Christian Badel