Gute-Kita-Gesetz beschlossen / In vielen Kiezen werden Kitaplätze knapp
Dass in manchen Bezirksregionen Kitaplätze knapp werden, liegt auch daran, dass sich nicht genügend Erzieher finden. Besonders in Hakenfelde, im Falkenhagener Feld, am Brunsbütteler Damm sowie in Haselhorst und in der Siemensstadt könnte sich die Lage bald zuspitzen. Dort sieht die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft derzeit keine Platzreserven. Zugleich geht der aktuelle Förderatlas von einem steigenden Bedarf aus.
Geringe Platzreserven
Vergleichsweise entspannt fällt die Diagnose für die Bereiche Spandau Mitte, Heerstraße Nord, Wilhelmstadt und Gatow/Kladow aus: Dort gibt es noch geringe Reserven, allerdings ebenfalls bei steigendem Bedarf.
Wachsende Stadt. Um die Arbeitsbedingungen in Kitas attraktiver zu machen, hat die Bundesregierung das „Gute-Kita-Gesetz“ auf den Weg gebracht. Um es auch in Berlin umzusetzen, haben der Regierende Bürgermeister Michael Müller, Bildungssenatorin Sandra Scheeres und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (alle SPD) Anfang des Monats eine Vereinbarung unterzeichnet.
Mit dem Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis zum Jahr 2022 mit insgesamt 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren. Berlin kann in den kommenden vier Jahren mit insgesamt 239 Millionen Euro rechnen.
Wachsende Stadt
„Eine gute Kita benötigt gute Fachkräfte und gute Arbeitsbedingungen“, erklärte Müller. „Wir werden die zusätzlichen Mittel sinnvoll einsetzen, auch um der wachsenden Stadt schnellstmöglich gerecht zu werden.“ Demnach ist auch eine „Brennpunktzulage“ vorgesehen: Für Beschäftigte in sozial belasteten Regionen soll es ab August 2021 eine Extra-Zahlung von 300 Euro geben. Zudem soll der Quereinstieg erleichtert werden: Unter anderem, indem für Menschen in der berufsbegleitenden Ausbildung zusätzlich zu den bisherigen Anleitungsstunden noch Vor- und Nachbereitungszeiten finanziert werden.
Außerdem wird voraussichtlich im nächsten Jahr der Kita-Leitungsschlüssel verbessert: Ab 85 Kindern soll die Leitung von der unmittelbaren pädagogischen Arbeit in den Kita-Gruppen freigestellt werden. Derzeit liegt die Grenze bei 90 Kindern.
Geringe Bezahlung
Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung sind 11.900 zusätzliche Erzieher nötig, um in den Berliner Kitas eine kindgerechte Betreuung sicherzustellen. Ein Knackpunkt dürfte auch künftig die vergleichsweise geringe Bezahlung bleiben. Den Effekt des Gute-Kita-Gesetzes für den Fachkräftemangel bewertet Janine Wagner, jugendpolitische Sprecherin der CDU-Bezirksfraktion, zurückhaltend. Statt auf qualifizierte Fachkräfte setze Scheeres weiterhin auf Quereinsteiger: „Das ist ein System, das nur bedingt funktioniert. Quereinsteiger brauchen die Begleitung durch erfahrene Fachkräfte und davon haben wir einfach zu wenig.“
Der Personalmangel sei überall im Bezirk groß. Fast jede Kita habe monatelange Wartelisten. Wagner: „Wir brauchen zum Beispiel im Bereich Falkenhagener Feld Kitaplätze, in der Region Hakenfelde sind in den letzten Jahren viele neue Plätze entstanden. Vor einem Jahr hatten ungefähr 400 Kinder einen Kita-Gutschein, aber keinen Kitaplatz.“
Stigmatisierte Kinder
Auch der „Brennpunktzulage“ steht Wagner skeptisch gegenüber. „Diese stigmatisiert bereits die Kleinsten. Zudem wird das grundsätzliche Problem ausgeblendet“, sagt sie. „Es gibt nicht genügend qualifizierte Fachkräfte, dadurch keine bedarfsgerechten Angebote und einen schlechten Betreuungsschlüssel, und zwar überall.“
Datum: 10. Oktober 2019. Text: Nils Michaelis. Bild: Getty Images Plus/iStock/MachineHeadz