Theater Karlshorst soll als multifunktionales Gebäude reaktiviert werden.
Wer mit der S-Bahn durch Karlshorst fährt, sieht ihn sofort, den markanten Bau zwischen Ehrenfels- und Stolzenfelsstraße. Ein Theater mit Bühnenturm auf dem Dach, früher „Russenoper“ genannt, geschlossen seit 2007. Dass sich hier bald wieder der Vorhang hebt, hoffen auch viele Karlshorster. Und tatsächlich wird momentan ein Konzept für eine neue Nutzung erarbeitet. Das Gebäude im Herzen des Lichtenberger Ortsteils soll wieder zu einem belebten öffentlichen Ort werden – darum kümmert sich die Stiftung Stadtkultur. „Mit dem 70. Jubiläum des Hauses, das 1949 eröffnet wurde, wollen wir das Theater nun wieder etwas mehr in den Fokus rücken und es aus dem Dornröschenschlaf holen“, sagt Michael Wagner vom Vorstand.
Konzept gesucht.
Derzeit laufen Gespräche, in denen dem Haus ein neues Leitbild verpasst werden soll – ein Spielbetrieb im Sinne eines Ensembletheaters kann hier nicht mehr stattfinden. „Nach der Schließung wurden die Räumlichkeiten, die eigentlich für Maske, Requisite und Garderobe genutzt wurden, der Karlshorster Musikschule übergeben“, sagt Wagner. Man müsse die Raumnutzung neu denken.
Das Theater wurde 1948 auf Befehl des Chefs der russischen Militäradministration gebaut, ist einer der ersten Theaterneubauten nach dem Zweiten Weltkrieg. Ins „Haus der Offiziere“ – so hieß es nach der Eröffnung – durften allerdings nur Angehörige des Militärs. Auf der Bühne standen Künstler wie der Geiger David Oistrach und die Primaballerina Galina Uljanowa, eine Besetzung, die zum umgangssprachlichen Namen „Russenoper“ führte.
Erst ab 1963 hatte auch die übrige Bevölkerung Zutritt zum Theater, das für Kinovorstellungen und Konzerte genutzt wurde. Nach der Wende ging der Bau an die Howoge, die ihn fortan an kulturelle Betreiber vermietete. Der Theaterbetrieb endete 2007. Seitdem steht der 600 Gäste fassende Saal mit den rot bezogenen Sitzen leer – und der Zahn der Zeit nagt an dem Bau. „Wir haben kein Wasser, kein Licht, keine Heizung, keine Lüftung“, sagt Petra Grampe von der Stiftung.
Das Innenleben müsste saniert und generalüberholt werden: Im Bühnenturm hängen noch Gestelle und Scheinwerfer aus dem regulären Spielbetrieb. Wenn das Konzept für die Neuausrichtung steht, könnten die Arbeiten 2022 oder 2023 beginnen, damit sich bis 2027 der Vorhang hebt. Kuratorin Francesca Ferguson, zuständig für die künstlerische Leitung, möchte aus dem Haus ein multifunktionales Kulturzentrum machen, geeignet für raumübergreifende Kunst- und Musikinszenierungen. „Wir wollen das Theater als eine der
Kulturstätten der Stadt verankern“, sagt sie. „Und das Ziel ist es, ein gemischtes Publikum anzusprechen. Wenn man mit der Berliner Kulturszene spricht, nehmen viele das Haus gar nicht wahr – obwohl es mit der Bahn weniger als 20 Minuten vom Alexanderplatz entfernt liegt.“
In den Fokus.
Um den Blick der Berliner für das Schauspielhaus zu schärfen, sind verschiedene Veranstaltungen in den nächsten Monaten geplant. Den Auftakt dazu hatte der Tag des offenen Denkmals Anfang September gemacht. Nach einem Tango-Abend mit der Tanzschule „Nou Tango“ am 27. September soll am 26. Oktober ein Food-Truck-Festival auf dem Johannes-Fest-Platz vor dem Theater stattfinden. Im Dezember soll das Theaterhaus in die Aktivitäten des Karlshorster Weihnachtsmarktes einbezogen werden.
Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung der Berliner Zeitung
Datum: 28. September 2019. Text: Florian Thalmann, Bild: Daniel Hözl