Investor Kurth fordert Ausgleich für Bestandsschutz auf dem umstrittenen Areal in Berlin-Friedrichshain.

Welche Baupläne die Göttinger Kurth-Gruppe, der Investor des RAW-Geländes, auf dem umstrittenen Areal in Friedrichshain hegt, darüber wurden am vergangenen Mittwoch das Bezirksamt und die Bezirksverordneten während des Bau- und Kulturausschusses informiert. Nun wurde das Bebauungsplanverfahren  für diesen vorderen Teil des RAW-Geländes beschlossen.

Der Kompromiss zwischen dem Bezirk und der Kurth-Gruppe funktioniert dabei so: Die rund 100 Initiativen mit soziokulturellem Charakter erhalten auch in den kommenden 30 Jahren einen sozial verträglichen Mietpreis zur Nutzung der Räume in den bestehenden und denkmalgeschützten Häusern. Als Ausgleich für diese rund 18.000 Quadratmeter großen, subventionierten Mietflächen auf dem Geländeteil des so genannten „Soziokulturellen L“ darf die Kurth-Gruppe an anderen Stellen des Geländes die Gebäude nach einem festgelegten Mulitplikationsschlüssel in die Höhe bauen. „Es ist das erste Mal in der Geschichte des deutschen Baurechts, dass Mietpreise in einem Bebauungsplanverfahren abgesichert werden können“, erklärt Baustadtrat Florian Schmidt (Die Grünen) diese gewählte Strategie in den Verhandlungen.

Der Kompromiss

Maß aller Dinge ist dabei die Geschossflächenzahl (GFZ), deren Höhe der Bezirk bestimmt. Zur Ausschusssitzung hatte die Kurth-Gruppe nun Ende Mai ihre „rote Linie“ mit einem Minimum-Faktor von 2,9 vorgelegt. Das würde bedeuten, dass der Investor bei einer Gesamtfläche von 52.000 Quadratmetern auf dem gesamten Areal rund 150.800 Quadratmeter Büro- und Gewerbeflächen schaffen darf. Da aber nur 60 Prozent des Geländes für eine Bebauung überhaupt zur Verfügung stehen, müsse man dafür in die Höhe bauen. Ein rund 100 Meter hohes Gebäude sehen die Planungen der Kurth-Gruppe an der Grundstücksgrenze Warschauer Straße/S-Bahnstrang deshalb nun vor.

„Über die GFZ müssen wir noch reden. Der Sinn eines Bebauungsplanverfahrens ist es ja, dass viele Detailfragen erst dann noch geklärt werden“, erklärte Baustadtrat Schmidt in der Diskussion, die sich mit den Initiativen entfachte, die an diesem Abend zur Ausschusssitzung ins Rathaus gekommen waren. Für die Mieter im „Soziokulturellen L“ geht der Kompromiss grundsätzlich in Ordnung. Zu ihnen gehören unter anderem der Club „Zum schmutzigen Hobby“, die Skaterhalle, das Cassiopeia, der Kletterturm auf dem Bunker und der Jugendzirkus. Die Arbeitsplätze der rund 65 Mitarbeiter wären mit diesem Kompromiss auch längerfristig gesichert. Die GSE Gesellschaft für Stadtentwicklung würde als General-Mieter auftreten.

Grundsätzliche Kritik

Allein die Initiative „RAW.Kulturensemble“ hat grundsätzliche Bedenken bei diesem Deal und hatte in einem Einwohnerantrag gefordert, das RAW-Gelände als städtebauliches Erhaltungsgebiet zu sichern und es vor Umgestaltung mit einer Erhaltungsverordnung zu schützen. Carsten Joost, ein Sprecher dieser Initiative, war auch mal das Gesicht der „Mediaspree versenken“-Kampagne. Joost kritisiert grundsätzlich die avisierte Baudichte und auch die Eile, mit der das Aufstellungsverfahren zum Bebauungsplan jetzt umgesetzt werden soll. Noch vor der Sommerpause sollen dafür Tatsachen geschaffen werden, da nur so Senatsmittel für Denkmalschutzmaßnahmen rechtzeitig genehmigt werden können.

Datum: 8. Juni 2019, Autor: Text: Stefan Bartylla, Bild: Sara Klinke