Der 1. FC Union Berlin vorm Aufstiegskrimi in Bochum
„Für mich ist dieser dritte Platz noch kein Erfolg“, sagte Trainer Urs Fischer nach dem Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg. Auch wenn sein Team auf Schützenhilfe durch Dynamo Dresden angewiesen sei, so der Schweizer Übungsleiter, konzentriere er sich jetzt voll auf das Spiel in Bochum. Das Ziel kann nur sein, beim dortigen VfL zu gewinnen, um sich die Minichance auf den direkten Aufstiegsplatz zu sichern und der Relegation gegen den VfB Stuttgart zu entgehen.
Heftige Diskussionen
Relegation, möglicher Aufstieg in die Erste Bundesliga? Für jeden ernstzunehmenden Fan des 1. FC Union Berlin ist allein schon die Tatsache, dass Rotweiß überhaupt dort oben in der Tabelle angekommen ist, ein riesengroßer Erfolg. Den jetzt auch die meisten vollendet wissen wollen. Ganz anders als vor zwei Jahren noch, als sich die Eisernen zwischenzeitlich auch an der Spitze der Zweitliga-Tabelle „herumtrieben“ (am Ende der Spielzeit 2016/2017 wurde der 1. FC Union Vierter).
Damals entbrannte innerhalb der Fangemeinde eine heftige Diskussion, ob ein Aufstieg nun gut oder schlecht sei. „Scheiße, wir steigen auf“, stand auf vielen Plakaten geschrieben und es war – zumeist jedenfalls – nicht ironisch gemeint.
Solide Finanzen
Der 1. FC Union Berlin ein Aufstiegskandidat. Dieser Erfolg hat viele Mütter und Väter. Einer davon ist Präsident Dirk Zingler (54). Als der Chef einer Baustoffhandelsunternehmung und bekennende Union-Fan dieses Amt 2004 übernahm, musste er miterleben, wie sich die erste Mannschaft in die Viertklassigkeit verabschiedete. Seitdem hat er die Grundlagen dafür gelegt, dass es stetig bergauf gehen konnte.
Der einst vollkommen überschuldete Verein steht heute auf soliden finanziellen Füßen. Gemeinsam mit den Fans wurde das Stadion „An der Alten Försterei“ modernisiert und ausgebaut. Heute ist es Berlins größtes reines Fußballstadion, das ab 2020 auf mehr als 37.000 Plätze erweitert werden soll. Und Zingler vertritt eine Art von Fußballphilosophie, die sich an den Bedürfnissen der Fans orientiert und sich für Chancengleichheit aller Profivereine bis hinunter in die Dritte Liga einsetzt.
Bedingungslose Liebe
Wenn von Müttern und Vätern dieses Erfolgs die Rede ist, dann sind damit natürlich die Fans gemeint. In einem der vielen Lieder, die sowohl zuhause in der Alten Försterei als auch auswärts gern gesungen werden, heißt es: „Fußballclub Union Berlin in Weiß und Rot/ Wir steh’n zu Dir auch in größter Not/ Spieler, Trainer kommen und sie geh’n/ Doch meine Liebe zu Dir bleibt besteh’n.“ Was nicht etwa bedeuten soll, dass die aktuellen Trainer und Spieler (und manchmal auch die ehemaligen) bei der Mannschaftsvorstellung nicht als Fußballgötter bezeichnet werden.
Diese Zeilen erzählen die Geschichte von bedingungsloser Hingabe der Fans zu ihrem Verein. Davon, dass unter dem Motto „Bluten für Union“ in finanziell klammer Zeit Blut gespendet wurde, dass Hunderte Fans tausende Stunden unentgeltlich arbeiteten, um den Stadionausbau zu stemmen. Und dass man als Union-Fan vieles darf, aber niemals das Wohnzimmer Alte Försterei vorm Abpfiff verlassen.
Aktualisierung
Rund 5.000 Unioner fahren mit Sonderzügen am 19. Mai nach Bochum. Auch diesmal heißt das Motto: „Alles auf rot!“ Der Verein richtet zudem am 19. Mai ein Public Viewing auf dem Parkplatz vor dem Stadion An der Alten Försterei ein. Dafür werden zwei Leinwände aufgebaut, ab 14.30 Uhr öffnet ein Biergarten.
Datum: 17. Mai 2019 Text: Ulf Teichert Bild: imago-images/O. Behrendt