Verträge mit Bewohnern in Waldsiedlung gekündigt – privater Anbieter will übernehmen.
Jahrelang holte die Berliner Stadtreinigung (BSR) die Mülltonnen aus den Wirtschaftswegen in der Waldsiedlung Zehlendorf ab. Damit soll jetzt Schluss sein.
Die BSR hat die Verträge mit den Anwohnern gekündigt. Diese müssen nun ihre Tonnen selber bis zu 100 Meter bis zur Straße ziehen. Das klingt nicht weiter kompliziert, doch in der Siedlung leben etliche ältere Menschen. Viele von ihnen haben Probleme mit dem Laufen und sind alleinstehend. Die Mülltonnen dauerhaft im Vorgarten abzustellen, verbietet der Denkmalschutz. So blieb der Protest gegen den Schritt der BSR nicht lange aus. Anwohner wandten sich sogar mit einer Petition ans Berliner Abgeordnetenhaus.
Vorschriften verschärft
Die BSR argumentierte mit dem Schutz ihrer Mitarbeiter. Demnach drohten sie auf den „nicht trittsicheren Wegen“ zu stolpern oder gar zu stürzen. Beleuchtung und Winterdienst seien unzureichend. Zudem seien die Laufwege unzumutbar lang, hieß es in der Beantwortung einer Anfrage von Adrian Grasse (CDU), Abgeordneter für Dahlem und Zehlendorf. Der Frage, warum all dies vorher kein Problem war, begegnet die BSR mit dem Hinweis auf Arbeitsschutzvorschriften, die in letzter Zeit verschärft worden seien. Dass die Wirtschaftswege in letzter Zeit „nicht besser“ geworden seien, spiele ebenfalls eine Rolle. Eine Alternative zur jüngsten Entscheidung schloss ein BSR-Sprecher auf Anfrage dieser Zeitung aus.
Anwohner werfen der BSR vor, die Waldsiedlung lediglich schneller beräumen zu wollen, um Zeit und Kosten zu sparen. Und zwar zum Nachteil der Menschen in der idyllischen Siedlung. Zudem, so wird berichtet, gingen die BSR-Mitarbeiter immer noch bis zu 15 Meter in die Wirtschaftswege hinein. Der Zustand der Wege könne daher nicht der wesentliche Grund sein.
Unerwartetes Angebot
Eine Bürgerversammlung im Oktober sollte die Wogen glätten. Doch nach Einschätzung von Anwohnern und unabhängigen Beobachtern ließen die BSR-Vertreter jegliche Kompromissbereitschaft vermissen. Für umso mehr Unverständnis sorgte ein Werbezettel, der Anfang November in den Briefkästen landete. Darauf unterbreitete eine Kieler Entsorgungsfirma das Angebot, die Mülltonnen am alle zwei Wochen anfallenden Leerungstag nach vorne zu ziehen und wieder abzustellen. Kostenpunkt pro Termin: 16 Euro. Die BSR gab an, von der Offerte nichts zu wissen.
Die Begeisterung unter den Bewohnern, so war zuletzt zu hören, halte sich in Grenzen. Viele fragen sich, ob für die Mitarbeiter des Kieler Anbieters andere Arbeitsschutzrichtlinien gelten als für die Kollegen der BSR. So hoffen die Menschen vor allem auf einen Erfolg der Petition. „Die Politiker müssen einsehen, dass etwas passieren muss“, sagt der 76-jährige Anwohner Volker Heinrich. „Man darf die Alten und Behinderten nicht alleine lassen.“ Der Grünen-Bezirksverordnete Michael Gaedicke forderte die BSR auf, gemeinsam mit ihren Kunden in der Waldsiedlung eine Lösung für das Problem mit den Mülltonnen zu finden.
Datum: 3. Dezember 2018. Text: Nils Michaelis. Bild: imago/Schöning