Entscheidung des Verwaltungsgerichts: 2019 müssen einige Straßen für Dieselfahrzeuge gesperrt und ein Luftreinhalteplan aufgestellt werden.
Der 9. Oktober, kurz vor 15 Uhr: Der Andrang im Plenarsaal 0416 des größten deutschen Verwaltungsgerichtes in Moabit ist riesig. Kein Wunder, denn vom bevorstehenden Urteil würden fast 220.000 Besitzer von Dieselautos allein in Berlin und noch einmal rund 45.000 Pendler betroffen sein, die tagtäglich aus dem Brandenburger Umland in der Hauptstadt zu tun haben. 30 Minuten später steht fest: Berlin muss für mehrere Straßen bis Mitte 2019 ein Diesel-Fahrverbot verhängen.
Die Richter verpflichteten die Senatsverwaltung für Verkehr, bis zum 31. März 2019 einen verschärften Luftreinhalteplan zu erlassen. Die Fahrverbote für elf Abschnitte auf acht Straßen müssen bis spätestens Ende Juni 2019 verwirklicht werden. Für weitere mehr als 100 Straßen muss die Umweltverwaltung ebenfalls die Belastung senken. Hier sind neben Fahrverboten aber auch Maßnahmen wie Tempo-30-Zonen möglich.
Das sind die betroffenen Straßen:
• Leipziger Straße (zwischen Wilhelmstraße und Bundesrat)
• Leipziger Straße (zwischen Charlotten- und Friedrichstraße
• Leipziger Straße. (zwischen Friedrichstraße und Leipziger Straße)
• Brückenstraße (zwischen Köpenicker Straße und Rungestraße)
• Reinhardtstraße (zwischen Charitéstraße und Margarete-Steffin-Straße)
• Kapweg (zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Scharnweberstraße)
• Reinhardtstraße (zwischen Margarete-Steffin-Straße und Kapelle-Ufer)
• Alt-Moabit (zwischen Gotzkowsky- und Beusselstraße)
• Friedrichstraße (zwischen Mittel- und Dorotheenstraße)
• Stromstraße (zwischen Bugenhagen- und kurz vor Turmstraße)
• Brückenstraße (zwischen Rungestraße und S-Bahnhof Jannowitzbrücke)
• Leipziger Straße (zwischen Leipziger und Mauerstraße)
• Friedrichstraße (zwischen Unter den Linden und Mittelstraße)
• Hermannstraße (zwischen Silbersteinstraße und S-Bahn-Brücke)
Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe, deren Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch ins Verwaltungsgericht gekommen war. Der Verband verlangte zunächst, dass die Umweltzone für Diesel bis Euro 5 tabu ist. Doch damit konnte sich die Umwelthilfe beim Zehnten Senat nicht durchsetzen. „Ein Dieselfahrverbot für die gesamte Umweltzone ist selbst unter pessimistischen Annahmen nicht zwingend flächendeckend erforderlich“, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Marticke.
Mögliche Ausnahmen von den Fahrverboten lägen im Ermessen der Verwaltung, befand der Vorsitzende Richter. Und so kündigte Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) auch unmittelbar nach dem Urteil an, Ausnahmeregelungen zum Beispiel für Lieferverkehr, Handwerkerfahrzeuge und Taxis prüfen zu wollen.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat nach dem Urteil von einem „guten Tag für saubere Luft“ gesprochen. Die Verbote müssten nun schnell umgesetzt werden. Die SPD hat nach dem Berliner Urteil zu Diesel-Fahrverboten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) aufgefordert, mehr Druck auf die Autobauer zu machen. „Es ist nicht akzeptabel, dass die Automanager immer noch die technische Nachrüstung von Diesel-Pkw und deren Finanzierung verweigern“, kritisierte Bundestags-Fraktionsvize Sören Bartol.
Die Berliner FDP-Fraktion hat gefordert, die Fahrverbote auf einzelnen Strecken so weit wie möglich einzugrenzen. Fahrverbote belasteten „viele Pendler, Handwerker und Gewerbetreibende und auch Menschen mit geringem Einkommen, die sich dann neue Fahrzeuge anschaffen müssten“, erklärte der FDP-Politiker Henner Schmidt aus dem Abgeordnetenhaus .Der ADAC Berlin-Brandenburg appelliert an die Landesregierung, bei geplanten Maßnahmen die Verhältnismäßigkeit zu wahren, unter anderem hinsichtlich des Umfangs der gerichtlich angeordneten Fahrverbote und der Ausnahmeregelungen für Betroffene.
Datum: 10.10.2018 Text: Manfred Wolf Bild: Stefan Bartylla