Schulen und Jugendangebote sollen mit der Bevölkerung mitwachsen.
Seit Jahren ziehen immer mehr Menschen, insbesondere Familien, ins Märkische Viertel. Mit dem Zuzug von Geflüchteten hat sich der Trend verstärkt. Derzeit errichtet die Gesobau 110 Wohnungen für rund 400 Flüchtlinge, die ihnen für mindestens drei Jahre zur Verfügung gestellt werden sollen. Im nächsten Jahr will das landeseigene Wohnungsunternehmen zudem auf der „Bettina-Brache“ Wohnungen für die Allgemeinheit errichten. Viele fragen sich: Wie viel Bevölkerungszuwachs verträgt die Großsiedlung? Wie gut sind die soziale Infrastruktur und Bildungseinrichtungen auf zusätzliche Bewohner vorbereitet?
Kitas erweitert
„Die Menschen erfahren Hilfe in den bereits existierenden Systemen und somit auch eine direkte Integration“, bilanziert das Bezirksamt in einer Vorlage für die Bezirksverordnetenversammlung die Situation der Geflüchteten im Kiez. Zusätzliche Kita-, Hort- und Schulplätze sowie weitere Willkommensklassen seien eingeführt worden. Für die Grundschulregion im Märkischen Viertel für das Schuljahr 2021/22 wird ein Plus von 1,3 Zügen und für das Schuljahr 2024/25 ein Plus von 0,5 Zügen prognostiziert. Dementsprechend wird die Kapazität der 2,5-zügigen Märkischen Grundschule von 1,5 auf vier Züge gesteigert. Die flankierende Baumaßnahme soll zum Schuljahresbeginn 2019/20 fertiggestellt werden.
Zudem werden verschiedene Kitas erweitert. Bereits 2017 seien im Märkischen Viertel Angebote in der kommunalen Einrichtung ComX, in der vom CVJM Berlin e.V. geführten „Baracke“ sowie von Gangway e.V. zur Integration von Kindern und Jugendlichen mit Fluchtgeschichte durchgeführt worden. „Im Hinblick auf die entstehende Unterkunft im Senftenberger Ring werden Angebote auch in diesem Jahr durch Mittel des Integrationsfonds sowie der Sofortmaßnahmen für junge Geflüchtete weitergeführt“, so das Bezirksamt.
Kontakte ermöglichen
Ein Problem sei allerdings, im Kiez genügend Räume für Deutschkurse zu finden. Die Volkshochschule (VHS) stoße an ihre Grenzen. Bislang nutzte die VHS einige Räume der Nachbarschaftsetage der Gesobau am Wilhelmsruher Damm. Diese Zusammenarbeit könnte vertieft werden, heißt es in der Vorlage. Komplizierter erscheint Bezirkspolitikern verschiedener Parteien, die Nachbarschaft zwischen Geflüchteten und bereits Ansässigen zu befördern.
„Es ist denkbar, in den Mobilen Unterkünften in einigen Gemeinschaftsräumen der Gesobau Integrationsangebote anzubieten, um Möglichkeiten zur Begegnung mit den Menschen aus dem Kiez zu schaffen“, sagt Cherim Adelhoefer, die stellvertretende Vorsitzende des Integrationsausschusses. „Wir brauchen mehr Formate, bei denen die Alteingesessenen mit den Neuankömmlingen in Kontakt treten können. Das können Kochabende, Musikveranstaltungen oder Kennenlerntage sein“, so die Grünen-Politikerin.
Balance bewahren
Besonders wichtig sei es, die Geflüchteten schnell für den Arbeitsmarkt vorzubereiten, damit sie in der Gesellschaft Anerkennung finden. „ Die Arbeit ist der beste Integrationsweg. Der Fokus muss stärker auf die Ausbildung und die Beschäftigung der Geflüchteten gerichtet werden.“ Das Bezirksamt schlägt vor, das auf dem Areal der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik gestartete Projekt „Work in Progress“, das Flüchtlinge auf den Arbeitsmarkt vorbereitet, auf das Märkische Viertel auszuweiten.
Der Vorlage von Bezirksbürgermeister Frank Balzer (CDU) und Sozialstadtrat Uwe Brockhauen (SPD) war ein Antrag der CDU-Fraktion vorausgegangen. „Wir wollten zeigen, dass der Staat etwas für die wachsende Bevölkerung im Märkischen Viertel tut“, sagt Fraktionschef Tobias Siesmayer. Er sieht die Kapazitätsgrenzen für Zuzug erreicht und sorgt sich um die soziale Balance im Kiez. „Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen auch weiterhin gut Tür an Tür leben können.“
Datum: 29. September 2018. Text: Nils Michaelis. Bild: imago/Schöning