Michael Schwab gehört mit seiner Brauerei BrewBaker zur großen Gemeinde der Craft Beer-Hersteller in Berlin – und ist dennoch anders
Bier ist im Alltag allgegenwärtig: beim Fußballschauen oder zum Feierabend, als Wegbegleiter oder Durstlöscher. Genuss, Geselligkeit und Geschmack sind nur einige Faktoren, die das Hopfen- und Malz-Getränk so beliebt und Berlin zum Epizentrum der neuen deutschen Bier-Bewegung machen. Gut 30 Privat-Brauereien gibt es inzwischen hier. Allesamt Teil der Neuentdeckung eines traditionsreichen Handwerks, einer Hommage an Reinheitsgebot, Vielfalt und einzigartigen Geschmack.
Michael Schwab war Teil dieses Trends, bevor es ihn gab. 2005 gründete der studierte Brautechnologe seine Brauerei „BrewBaker“ und steht seitdem mit seinem Bio-Bier für authentische Vielfalt und den besonderen Geschmack abseits des Mainstreams. Eigentlich wollte er Biotechnologie studieren. „Zu ungreifbar“, sagt der Berliner, der sich dann kurzerhand für die Brautechnologie an der TU entschied. Während seines Studiums hat Schwab in vielen kleinen Brauereien gearbeitet und die universitäre Theorie mit Praxiswissen gespickt. „Wir haben alles verbraut, was wächst und gedeiht“, die Arbeit sei kreativ gewesen und frei. Warum er sich der handwerklichen Selbstständigkeit verschrieben hat? „Ich muss hinter den Produkten stehen können.“
Bestimmte Momente
In seiner 500 Quadratmeter großen Brauerei in der Sickingenstraße 9 in Moabit riecht es nach Gewürzen und Malz. Die Kessel sind nicht mit Kupfer verkleidet, wie es bei vielen Mitbewerbern der Fall ist. Einen Vintage-Mantel braucht in dem Sieben-Mann-Betrieb niemand. Von Dienstag bis Freitag wird gebraut. Es gibt 21 Tanks für ungefähr 20 verschiedene Bier-Sorten. „Wir brauen nach Bedarf“, sagt Schwab, aber mindestens 120.000 Liter pro Jahr.
Fast zu wenig für den Personalaufwand, fast schon zu viel für die voll ausgelastete Technik. In meterhohen Kesseln werden Wasser und Malzschrot vermischt, werden Feststoffe herausgefiltert, wird Hopfen hinzugegeben. Es wird gegärt, je nach Sorte drei bis sieben Tage, und für die Geschmacksabrundung bis zu sechs Wochen gelagert. Schwab ist Erfinder, Produzent und Qualitätskontrolleur ohne Lieblingsbier: „Bestimmte Momente verlangen bestimmte Biere.“
Seine Berlin-Serie hat er geschmacklich dem Lebensgefühl seiner Heimatstadt nachempfunden. „Es ist rau, ungeschminkt und gnadenlos ehrlich.“ Alle Biersorten sind weder filtriert noch pasteurisiert. Das hat einen philosophischen Hintergrund und ist ein Statement, gegen die industrielle Massenproduktion. „Ich möchte wieder über Geschmack reden“, sagt Schwab. Damit ist er nicht alleine. Während Großbrauereien schließen, erleben kleinere Betriebe einen Aufschwung: Qualität scheint ansprechender als Preis. „BrewBaker“-Bier findet der Genießer bundesweit in ausgewählten Restaurants, Bars und Supermärkten.
Dass er sein Handwerk mit Leidenschaft und Herzblut betreibt, ist offensichtlich – und zu schmecken. Angst, dass er angesichts des Craft Beer-Hypes nicht mehr wahrgenommen wird, hat Schwab nicht. „Wir waren vorher da und werden es danach immer noch sein.“
Datum: 27.07.2018 Bilder: Christina Lopinski (3), Laura Link (2) Text: Christina Lopinski