50 Prozent der Bewohnerschaft sind verdrängungsgefährdet

Seit Mitte Mai hat Lichtenberg den Millieuschutz auch für sein zweites Stadtteilgebiet beschlossen. Im Ortsteil rund um die Weitlingstraße gelten nun die besonderen Bestimmungen, die die Bewohner im Gebiet besser vor Mieterhöhungen schützen können. Im Gebiet ist damit die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, und auch weiterführende Sanierungen bedürfen einer Genehmigung. Sogenannten Luxusausbauten, die die Mietpreise in die Höhe treiben könnten, wird damit ein Riegel vorgeschoben.

Abermalige Prüfung.

„Es war ein langer Weg bis hierhin“, sagt die zuständige Bezirksstadträtin Birgit Monteiro (SPD). „Ein erstes Gutachten hatte noch 2016 ergeben, dass die Voraussetzungen für den Milieuschutz nicht gegeben sind“, berichtet sie und ergänzt: „Schon damals war vielen Beteiligten klar, dass dies nicht so bleiben wird. Wir haben das Gebiet gemeinsam mit der Mieterberatung vor Ort weiter beobachtet und auch auf Drängen der Milieuschutzinitiative Ende letzten Jahres eine Aktualisierung des Gutachtens in Auftrag gegeben. Das Ergebnis zeigt, dass sich die Entwicklung in den letzten beiden Jahren stark beschleunigt hat und mittlerweile 50 Prozent der Bewohner verdrängungsgefährdet sind.“ Das Gute sei aber, dass mit den Ergebnissen der Studie der Milieuschutz nun rechtzeitiger auf den Weg gebracht werden kann, als in vielen anderen Berliner Gebieten. „Wir haben nun eine echte Chance, die Gentrifizierung im Weitlingkiez aufzuhalten“, lautet das Zwischen-Fazit der Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung und Wirtschaft. Kein Allheilmittel. Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) warnt jedoch vor zu hohen Erwartungen. „Der Milieuschutz ist eine mögliche und wichtige Maßnahme. Er ist aber keine Wunderwaffe im Kampf um bezahlbaren Wohnraum oder gegen Verdrängung. Dazu bedarf es vielmehr einer mieterorientierten Bundesgesetzgebung“, so seine Einschätzung.

Statistische Erkenntnisse

Die Untersuchung des Büros Topos Stadtforschung hatte den Aufwertungs- und Verdrängungsprozess im Weitlingkiez bestätigt. Wichtige Merkmale dafür waren der Mietspiegel über dem Berliner Durchschnitt und die Tatsache, dass 38 Prozent aller Haushalte im Kiez erst seit 2012 hier bestehen. Der Bevölkerungswechsel selbst wirkt mietsteigernd. Viele der Familien, die hierher ziehen, verfügen über ein höheres Einkommen, als die schon im Weitlingkiez lebenden Menschen. Eine weiteres Ergebnis der Studie: Die bereits zahlreichen in Eigentum umgewandelten Wohnungen locken vornehmlich einkommensstärkere Menschen in den Kiez. All diese Fakten waren für die Installation des Milieuschutzes im Gebiet ausreichend.

Nächste Schritte

Das Lichtenberger Bezirksamt wird nun in den kommenden Tagen die Milieuschutzverordnung rechtsverbindlich installieren lassen. Für den 25. Juni, um 18.30 Uhr, ist eine Anwohnerinformationsveranstaltung in der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde in der Heinrichstraße 31 geplant, zu der das Planungsbüro Topos die Ergebnisse des Gutachtens für interessierte Anwohner, Nachbarn, Eigentümer und Bezirksverordnete vorstellen wird.

Datum 25.05. 2018, Text: Redaktion, Bild: Stefan Bartylla