Die Suche nach einem Raum läuft längst – Bezirkspolitiker wollen trotzdem mobile Lösung.
Mehr Drogenkonsummobile für Neukölln hatte Bezirksstadtrat Falko Liecke (CDU) kürzlich noch angekündigt. Damit sollte auf das zunehmende Problem mit der Drogenszene im Stadtteil reagiert werden. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, die diese Mobile finanzieren müsste, setzt aber auf andere Lösungen: sie bereitet stattdessen schon seit einiger Zeit die Eröffnung eines festen Drogenkonsumraums im Bereich des S-Bahnhofs Neukölln vor – zum Unmut der CDU im Bezirk Neukölln.
Längst festgelegt
Den Gesundheitssenat überrascht das nicht. Die Position insbesondere der CDU in Neukölln zu diesem Thema sei dort bekannt, so Sprecher Christoph Lang. Das Thema werde jedoch nicht in den Bezirken und Bezirksverordnetenversammlungen entschieden, denn die Drogenkonsumräume hätten eine gesamtstädtische Bedeutung. Die Landesdrogenbeauftragte Christine Köhler-Azara habe schon vor einiger Zeit klargestellt: Berlin brauche zwei weitere Drogenkonsumräume, erläuterte Lang. So sei es im Übrigen auch im Koalitionsvertrag festgelegt. Die erforderlichen Mittel dafür würden im Haushalt zur Verfügung stehen. Einer der Räume werde in einem anderen Bezirk bereits errichtet. Neukölln als zweiter neuer Standort sei ebenfalls längst festgelegt. Der Träger der Einrichtung sei auf der Suche nach einem Ort in der Nähe des S-Bahnhofs und führe auch Gespräche mit mehreren potenziellen Vermietern. Bisher sei aber noch kein Mietvertrag unterschrieben. Darüber sei der Bezirk auch informiert worden. Woher die Ankündigung neuer Drogenmobile komme, kann man sich im Senat daher nicht so recht erklären.
Deutliche Kritik
Neuköllns CDU-Fraktionsvorsitzender Gerrit Kringel kritisiert das Vorgehen des Gesundheitssenats, denn der Senat ignoriere die lokale Expertise der Bezirke, man werde vor vollendete Tatsachen gestellt. „Auf diese Art von Politik können wir in unserem Neukölln sehr gut verzichten“, so Kringel, der ferner darauf verwies, dass das Bezirksamt schon im Dezember 2017 Senatorin Dilek Kolat darauf hingewiesen habe, dass man eine Ausweitung mobiler Angebote anstrebe. Die Errichtung eines festen Raums sei ohne ein berlinweites Lagebild verfrüht.
Verschärfte Situation
Die Lage im Bereich des S-Bahnhofs Neukölln verschärft sich derweil. Inzwischen ist es dort alltäglich, auf offenen Konsum harter Drogen zu stoßen, sei es im Bahnhof selbst oder in seinem unmittelbaren Umfeld. Anwohner klagen immer wieder über Probleme mit Konsumenten und ihren Hinterlassenschaften in Hauseingängen, Hinterhöfen und Nischen. Drogenkonsumräume sollen dabei helfen, die Abhängigen von der Straße weg zu bekommen.
Das Wichtige: Die Arbeit hört an dieser Stelle nicht auf. Die Mitarbeiter vor Ort können mit den Besuchern ins Gespräch kommen, während diese dort einen Kaffee trinken, ihre Wäsche waschen oder Beratung suchen. Solche niederschwelligen Angebote sind erforderlich und eine Gelegenheit, den Betroffenen Möglichkeiten zum Ausstieg aus der Abhängigkeit aufzuzeigen. Der Vorteil gegenüber Drogenkonsummobilen ist aus Sicht des Senats, dass sie höhere Kapazitäten und mehr Infrastruktur bieten könnten, welche die Abhängigen zum Aufsuchen der Einrichtung motivieren kann. Auch seien die Räume kaum teurer als die Mobile.
Bisher gibt es in Berlin einen Drogenkonsumraum in Kreuzberg sowie einen in Moabit. Außerdem gibt es Standorte für Drogenkonsummobile, einen im Wedding und in Neukölln. Ein Raum wird in Charlottenburg eingerichtet, in einem Gebäude, das sich derzeit im Bau befindet.
Text: Oliver Schlappat, Bild: Imago/Olaf Selchow