Besonders gefährdet sind Familien ab drei Kinder, Alleinerziehende und Jugendliche.
Nirgendwo sonst in Berlin sind die Bewohner stärker von Armut bedroht, wie in Neukölln. Das geht aus dem nun veröffentlichten Sozialbericht des Landesamtes für Statistik Berlin-Brandenburg für das Jahr 2017 hervor. Mit 26,8 Prozent „Armutsgefährdungsquote“ steht der Bezirk erneut an der traurigen Spitze in der Liste der Berliner Bezirke.
Die Quote bezeichnet den Bevölkerungsanteil, dessen Pro-Kopf-Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Diese liegt bei 60 Prozent dessen, was berlinweit durchschnittlich verdient wird. Das bedeutet: Wer in der Hauptstadt 923 Euro oder weniger im Monat verdient, liegt unter der Armutsgefährdungsschwelle. Bei Familien berechnet sie sich etwas anders: Für zwei Personen und ein Kind unter 14 Jahren beispielsweise liegt die Schwelle bei 1.384 Euro. Als tatsächlich arm gilt, wer allein lebt und weniger als 719 Euro – und damit 50 Prozent des Berliner Durchschnitts – verdient. Von „strenger Armut“ ist die Rede bei 619 Euro und weniger – 40 Prozent des stadtweiten Durchschnitts. Der Berliner Durchschnitt der Armutsgefährdung liegt bei 16,6 Prozent.
Familien gefährdet
Besonders gefährdet, in die Armut abzurutschen, sind in Berlin Familien mit drei oder mehr Kindern, gefolgt von Alleinerziehenden (jeweils rund ein Drittel) und alleinlebenden Männern. Menschen mit Migrationshintergrund haben ein rund dreimal so hohes Armutsrisiko wie diejenigen ohne, und auch Berliner mit niedrigem Bildungsabschluss sind besonders stark gefährdet – mit 46,4 Prozent rund zehn Prozentpunkte höher als im Bundesdurchschnitt.
Bei älteren Menschen nimmt das Armutsrisiko mit zunehmendem Alter ab. Bei über 60-Jährigen liegt es bei 11,4 Prozent, bei über 75-Jährigen bei 8,2 Prozent. Das Risiko, in die Armut abzugleiten, ist am höchsten bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren (31,4 Prozent berlinweit), gefolgt von Kindern und Jugendlichen (22,7 Prozent). In den letzten Jahren hat die Quote der Armutsgefährdeten – nicht nur in Neukölln – stetig zugenommen. Dies hat laut Landesamt für Statistik mit den insgesamt steigenden Einkommen zu tun – die Schwelle zur Armut steigt mit. Auch ist die Arbeitslosigkeit im Bezirk in den letzten Jahren zurückgegangen.
Mieten untersucht
Auch erfasst haben die Statistiker des Landesamtes die so genannte Mietbelastungsquote, das Verhältnis Bruttokaltmiete zu Haushaltsnettoeinkommen. In Berlin liegt diese Quote bei 26, bei den armutsgefährdeten Berlinern aber sogar bei 39 Prozent. Die zugrundeliegenden Erhebungen stammen allerdings bereits aus dem Jahr 2014. In der heutigen Praxis dürften die Zahlen höher liegen.
Text: Oliver Schlappat, Bild: Thinkstock/iStock/Stas_V