Tempo 30- und Schadstoff-Messungen bremsen Bauarbeiten aus. Netzwerk demonstriert.
Seit langem kämpfen Initiativen für sichere Radverkehrswege am Tempelhofer Damm. Eigentlich ist der entsprechende Umbau auch Ziel der Bezirkspolitik. Nun kommt dem Vorhaben offenbar ein anderes großes Problem der Stadt in die Quere: Die Schadstoffbelastung an der stark befahrenen Straße und deren Bekämpfung.
Rückblende: Vor beinahe zehn Jahren verunglückte an der Kreuzung Alt-Tempelhofer Damm ein 14-jähriges Mädchen tödlich. Sie wurde von einem Lastwagen überrollt. Seither setzen sich Initiativen dafür ein, dass die Straße für Fahrradfahrer sicherer gemacht wird. Zuletzt hatten Mitglieder des Netzwerks Fahrradfreundliches Tempelhof ein Konzept erarbeitet, das dieser Forderung Nachdruck verleihen sollte. Dieses ist als Einwohnerantrag im September von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossen worden: Im Rahmen eines Verkehrsversuchs sollen auf dem Tempelhofer Damm zwischen Alt-Tempelhof und Ullsteinstraße sichere Radverkehrsanlagen geschaffen werden.
Senat prüft Luftbelastung
Offenbar wäre ein solches Vorhaben aber vorerst nicht umsetzbar: Derzeit laufen auf dem Tempelhofer Damm Tests, die klären sollen, ob mit Einführung von Tempo 30 der Verkehrsfluss verbessert und darüber Schadstoffe, insbesondere die Stickoxid-Belastung, reduziert werden können. Solange diese Tests laufen, nämlich bis Sommer 2018, kann am Tempelhofer Damm nicht mit Baustellen in den Verkehr eingegriffen werden. Dies bestätigte die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz auf Nachfrage.
Luftmessungen folgen
Nach Informationen von Bezirksstadträtin Christiane Heiß wird es aber auch danach vorläufig keine erheblichen Eingriffe in den Verkehrsfluss – also auch keine Baustellen – geben können, denn ab Oktober will der Senat dort ein Jahr lang Schadstoffmessungen durchführen. Hier wird es darum gehen, ob die Schadstoffbelastung (auch bei Tempo 30) so hoch ist, dass Fahrverbote für Dieselfahrzeuge erforderlich sind.
Ruhender Verkehr
Für das Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg ist dies ein unhaltbarer Zustand. Es fordert ein sofortiges Ende der Tests. Studien des Umweltbundesamtes hätten erwiesen, dass Tempo 30 auch an Hauptverkehrsstraßen nur Vorteile bringe. „Die Planungen für die geschützte Radspur müssen unverzüglich aufgenommen werden, damit der BVV-Beschluss zügig umgesetzt wird“, erklärt Netzwerk-Sprecherin Beate Mücke. Die Planungen würden jedoch laufen, sagte Christiane Heiß im Gespräch mit dem Abendblatt. Dass rund 18 Monate lang keine größeren Baustellen eingerichtet werden könnten, die den Verkehrsfluss beeinträchtigen, hält sie hingegen für weniger problematisch als das Netzwerk. Vorbereitungen seien in der Zwischenzeit ja möglich. Diese bräuchten einfach eine gewisse Zeit.
Außerdem könnte theoretisch auch in den nächsten 18 Monaten an der Straße gebaut werden, solange das nicht in den fließenden Verkehr eingreife. Der ruhende Verkehr sei von den Tests ja nicht betroffen, und letztlich sei der es, der Radwegen weichen müsse. Schwierig werde es an Kreuzungen, denn dort könnten nicht einfach mit geschützten Radstreifen markiert werden.
Am 11. März um 15 Uhr wollen das Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg und der ADFC Tempelhof an der Kreuzung Tempelhofer Damm, Ecke Alt-Tempelhof, für die zügige Umsetzung der Radwegspläne demon-strieren. Unter anderem wollen sie 109 weiße Kreuze auslegen, als Sinnbild für die 109 Todesopfer bei Radunfällen in den letzten zehn Jahren.
Text: Oliver Schlappat, Bild: Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg