Mieten explodieren, Verträge werden gekündigt – ein neues Bundesgesetz könnte helfen.
Im Mieten-Monopoly trifft es die Schwächsten zuerst. Wenn es um Gewerbeflächen geht, sind das die Kinderläden. Zuletzt traf es die „Bande“ an der Oranienstraße. Auch wenn dieser Fall – nicht zuletzt durch massive Bürgerproteste – inzwischen gelöst wurde, bleibt das Problem bestehen. Besonders, aber nicht nur in den gefragten Kiezen.
Laut dem Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden (DaKS) wurde seit Sommer 2014 mehr als 40 Kinderläden, die bei DaKS organisiert sind, entweder der Mietvertrag gekündigt oder die Miete so stark angehoben, dass sie nicht mehr oder kaum noch bezahlt werden kann. Es seien 1.250 Kita- und Hortplätze betroffen. Mit Stand Ende 2017 betraf dies in Friedrichshain-Kreuzberg 17 Einrichtungen, in Mitte zwölf, neun in Neukölln, sechs in Pankow, fünf in Charlottenburg-Wilmersdorf, vier in Tempelhof-Schöneberg, drei in Steglitz-Zehlendorf und jeweils eine in Treptow-Köpenick, Lichtenberg und Reinickendorf.
Angebot und Nachfrage
„Seit Dezember sind noch einmal vier Einrichtungen mit Problemen hinzugekommen“, so Babette Sperle, Sprecherin von DaKS. Probleme, das bedeutet existenzbedrohende Mieterhöhungen, Kündigungen, Räumungsklagen oder das nahende Ende bestehender Verträge. Das Problem ist im Prinzip das Gleiche wie bei Mietwohnungen: Investoren kaufen Gebäude, um sie entweder so gewinnbringend wie möglich zu betreiben, oder sie so teuer wie möglich weiterzuverkaufen. Hohe Renditeversprechen erhöhen die erzielbaren Preise. Besonders hilfreich ist es, wenn die Gebäude komplett leer stehen. Im Unterschied zu Mietwohnungen sind Gewerberäume jedoch praktisch nicht geschützt: Mietspiegel oder Milieuschutz spielen keine Rolle. Die Nachfrage regelt den Markt.
Fördermittel problematisch
Die Möglichkeiten, dieser Situation etwas entgegensetzen zu können, sind, vorsichtig ausgedrückt, begrenzt. Öffentlicher Druck durch Bürger und Initiativen haben im Fall der Bande in Kreuzberg funktioniert. An anderen Standorten hängt ihr Erfolg davon ab, wie sehr die Eigentümer ein schlechtes Image fürchten. Finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand hält sogar Babette Sperle für problematisch. Vor sechs Jahren habe es im Rahmen des Kita-Ausbauprogramms Pläne dafür gegeben, Kinderläden finanziell zu unterstützen. „Aber wenn die Vermieter es mitbekommen, dass öffentliche Gelder fließen, dann haben sie erst recht keinen Grund mehr, die Mieten nicht zu erhöhen.“ Und Förderprogramme, fährt sie fort, würden erfahrungsgemäß irgendwann auslaufen.
Hoffnungsträger Bauordnung
Eine Möglichkeit, das Problem zu entschärfen, sieht der DaKS darin, dass die Bezirke über Bauordnungen regeln, welche Einrichtungen im Sinne des Erhalts der Kiez- und Bevölkerungsstrukturen besonders zu schützen sind. „Dazu brauchen sie eine passende Bundesgesetzgebung“, so die DaKS-Sprecherin. Dass dies grundsätzlich zulässig sein könnte, glauben die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags. Im November hatten sie auf auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Pascal Meiser geantwortet, ein Gewerbeschutz sei über Erhaltungssatzungen indirekt denk- und vertretbar. Soziale Einrichtungen könnten dann als „unabdingbar für die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ betrachtet werden.
Text: Oliver Schlappat, Bild: Thinkstock/iStock/DGLimages