Unsanierter Altbau Ein sanierter und ein unsanierter Altbau in der Rigaer Strasse in Berlin Friedrichshain. Unsanierter The old building a restored and a Unsanierter The old building in the Riga Road in Berlin Friedrichshain

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg will den Kampf gegen Verdrängung verschärfen.

Im Kampf gegen steigende Mieten und Verdrängung will der Bezirk Mittel wie die Ausweisung von Milieuschutzgebieten und das Vorkaufsrecht stärker nutzen. Dies kündigte Baustadtrat Florian Schmidt an. Sein Ziel: In 20 Jahren sollen bis zu 50 Prozent des Wohnraums gemeinwohlorientiert sein. Helfen soll dabei die Zivilgesellschaft.

In Sachen Vorkaufsrecht macht dem Bezirk schon jetzt kein anderer Teil der Stadt Berlin Konkurrenz. Allein im Jahr 2017 sind in 23 Gebäuden entweder über das Vorkaufsrecht, Ankauf oder Abwendungsvereinbarungen 814 Mietwohnungen gesichert worden – trotz des noch immer laufenden Berufungsverfahrens, nachdem das Berliner Landgericht das Vorkaufsrecht deutlich enger ausgelegt hat, als es die Bezirke tun. Unabhängig davon will der Bezirk seine Praxis noch ausweiten. Das Ziel sei es, in diesem Jahr und den Jahren danach jeweils 1500 Wohnungen auf diesem Weg zu sichern. „Das ist sicher ambitioniert“, so Florian Schmidt, „aber das wäre etwa ein Prozent des Wohnungsbestandes im Bezirk. Wenn man das über 20 Jahre sieht, dann könnten wir zusammen mit den schon vorhandenen Wohnungen etwa 50 Prozent gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand erreichen.“

Neue Strukturen

Der Haken dabei: Es muss sich auch jemand finden, der die entsprechenden Gebäude auch ohne das Ziel der Gewinnmaximierung übernehmen will. Hier sind die Bewohner des Bezirks gefragt. Schmidt: „Wir müssen Strukturen aufbauen, die auch zivilgesellschaftlich funktionieren.“ Zum Beispiel könnte der Bezirk zusammen mit Partnern ganz gezielt Mietergemeinschaften beraten und unterstützen, die ihr Haus selbst übernehmen möchten, bevor es zu spät ist. „Es ist ganz wichtig, das nötige Wissen zu vermitteln“, so Schmidt. „Wir führen gerade Studien darüber durch, wie das aussehen könnte. Der Bezirk müsse dies in den nächsten zwei bis drei Jahren so in die Wege leiten, dass der Prozess langfristig laufen kann – denn noch hat er es mit der rot-rot-grünen Koalition im Senat zu tun. Wie die nächste Regierung aussieht und welche Prioritäten sie hat, kann noch niemand absehen.

Friedrichshain folgt

Das Vorkaufsrecht gilt derzeit nur für Gebäude in sogenannten Milieuschutzgebieten, in denen es klare Vorgaben zum Beispiel gegen Luxussanierungen gibt. Das sind derzeit weite Teile von Kreuzberg, insbesondere im Norden. Deutlich weniger solche Gebiete gibt es noch in Friedrichshain. Das soll sich allerdings ändern, kündigte der Baustadtrat an. Wo genau dort, das werde er jetzt noch nicht bekanntgeben.

Neubau-Potenzial

Im Neubaubereich will sich der Bezirk landeseigene Flächen wie das Dragoner-Areal sowie Grundstücke in Friedrichshain-West, an der Ratiborstraße oder auch am RAW-Gelände zunutze machen. Schmidt sieht ein Potenzial von 3000 Wohnungen, die nicht im Systembau durch landeseigene Wohnungsbaugesellschaften errichtet werden sollen, sondern durch „Selbstbauer“ wie Genossenschaften oder Mietergemeinschaften. Das Ziel sei es, eine Systematik zu schaffen, die solche Projekte ermöglicht und erleichtert und Modellcharakter für die Zukunft des Zusammenlebens haben. Zu viel Enthusiasmus ist aber nicht angebracht: „Verdrängung ist eine Sache, die wir nicht einfach in den nächsten paar Jahren stoppen können“, so Schmidt.

Text: Oliver Schlappat/Bild: Imago/Christian Mang