Höhere Wohnungsbauprämie und freie Mieterberatung ab 2018.
Wenn von der wachsenden Stadt die Rede ist, dann meist auch von steigenden Mieten und langwierigem Wohnungsbau. Um die Rechte von Mietern zu stärken und Neubauprojekte zu beschleunigen, hat die rot-rot-grüne Landesregierung eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Die Wohnungsbauprämie für die Bezirke wird auf 7,5 Millionen Euro jährlich erhöht. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, Anträge schneller zu bewältigen. Die Förderung von Genossenschaften soll mit zehn Millionen Euro verstärkt werden. „Damit wollen wir erreichen, dass sowohl bestehende Genossenschaften als auch Neugründungen unterstützt werden“, teilen die Fraktionen von der SPD, den Linken und den Grünen mit. Ferner soll in allen Bezirken eine offene und gebührenfreie Mieterberatung geschaffen werden.
Bauflächen vorhanden
Dafür fließen jeweils 100.000 Euro. Wer Transferleistungen bezieht, soll einen kostenlosen Rechtsschutz bekommen. Dadurch werden einkommensschwache Haushalte unterstützt, um sich notfalls gerichtlich gegen unberechtigte Mieterhöhungen wehren zu können. Dafür stehen ab dem Jahr 2018 jährlich jeweils 500.000 Euro zur Verfügung. Durch die Einrichtung einer Schlichtungsstelle sollen bei Modernisierungsmaßnahmen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Konflikte zwischen Mietern und Vermietern gelöst werden. „Sanierungsmaßnahmen werden künftig hinsichtlich der zu erwartenden Energieeinsparung auf Glaubhaftigkeit überprüft“, wird mitgeteilt. Der seit sechs Jahren bestehende Runde Tisch zur Liegenschaftspolitik wird gestärkt und durch ein Pendant zur Wohnungspolitik ergänzt.
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[tab title=“Friedrichshain-Kreuzberg“]
Die von der Regierungskoalition angekündigte Wohnungsbauprämie sei für den Bezirk wichtig, weil die Mittel flexibel eingesetzt werden könnten, erläuterte Baustadtrat Florian Schmidt Sie könnten unter anderem in Studien oder Verfahren zur Bürgerbeteiligung investiert werden. „So können wir die Neubaupotenziale analysieren und in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung Konzepte für Neubau-Standorte entwickeln.“ Schon jetzt gebe es im Bezirk durchaus Flächen, auf denen neue Wohnungen gebaut werden könnten.
„Das Neubaupotenzial beträgt mindestens 3500 Wohnungen, kleinteilige Nachverdichtungen inklusive“, so Schmidt. Auch geht er davon aus, dass Dachausbauten mindestens noch einmal 5000 Wohnungen schaffen könnten. Nennenswerte Flächen seien zum Beispiel das BSR-Gelände an der Mühlenstraße, das Dragoner-Areal und Friedrichshain-West mit je 400 möglichen Wohneinheiten oder der Bereich Hallesches Tor mit 700 möglichen Wohneinheiten. Die zusätzlichen Mittel für die Mieterberatung bezeichnete Schmidt als sehr willkommen, da aufgrund der Verwertungsbestrebungen privater Eigentümer und Investoren ein enormer Bedarf für solche Angebote für die Mieter bestehe.
nm/os, Bild: Thinkstock/iStick/hanohiki
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[tab title=“Charlottenburg-Wilmersdorf“]
Auch der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf soll von der neuen Wohnungsbauprämie profitieren. „Die Koalitionsfraktionen unterstützen auch mit ihren finanzpolitischen Schwerpunkten für die nächsten zwei Jahre den Wohnungsneubau und verbessern den Mieterschutz in der ganzen Stadt“, so die gemeinsame Erklärung von SPD, Linken und Grünen.
Gestärkt werden damit unter anderem die gebührenfreien Mieterberatungen, die auch in Charlottenburg und Wilmersdorf an Zulauf gewinnen. Mit der Prämie dürften allein externe Dienstleistungen finanziert und damit einzelne Planungsprozesse beschleunigt werden. Iris Spranger, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, kündigt an, dass das vom Ausschuss für Stadtentwicklung abgesegnete Maßnahmenpaket, das über den Doppelhaushalt 2018/19 finanziert wird, ab Anfang nächsten Jahres umgesetzt wird. Zwar kommt der Wohnungsbau in Berlin langsam in Schwung, es besteht aber weiterhin ein Mangel an preiswerten Wohnungen. Unter den im vergangenen Jahr fertiggestellten Wohnungen, befanden sich gerade einmal 165 Sozialwohnungen. 2017 sollen insgesamt 3.000 dieser Sozialwohnungen erbaut werden.
Bedingung für den Bau der, auch für Geringverdiener bezahlbaren, Wohnungen ist eine staatliche Förderung. Schon lange werden Stimmen aus Politik und Gesellschaft laut, die die langsamen Prozesse im Wohnungsbau bemängeln. Die von den Berliner Koalitionsparteien gesetzten Forderungen und Akzente für den Wohnungsbau sind ein Schritt hin zu mehr (bezahlbaren) Wohnraum.
nm/kr, Bild: imago/ 80205081
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[tab title=“Reinickendorf“]
Mehr Personal
„Die aus der Aufstockung zur Verfügung stehenden Mittel werden zum Beispiel für Gutachten und Voruntersuchungen sowie die Aufstellung wohnungsbaurelevanter Bebauungspläne eingesetzt“, erläutert ein Sprecher des Reinickendorfer Stadtentwiklungsamtes. Auf die Bearbeitungsdauer der Bauanträge hätten die zusätzlichen Mittel hingegen keinen unmittelbaren Einfluss.
Ausweitung geplant
In Sachen Mieterberatung sieht die Abteilung Stadtentwicklung unter Leitung des Bezirksbürgermeisters Frank Balzer (CDU) noch Expansionspotenzial. Aktuell gäbe es Mieterberatung im Rathaus. Für Reinickendorf-Ost und Reinickendorf-West könnte die Mieterberatung in Zukunft auch vor Ort ausgeweitet und ab nächstem Jahr direkt in den beiden Kiezen zusätzlich angeboten werden. „Diese Entscheidung wurde aber unabhängig von der aktuellen Senatsinitiative getroffen“, so der Sprecher des Reinickendorfer Bezirksamtes. Iris Spranger, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, kündigt an, dass das vom Ausschuss für Stadtentwicklung abgesegnete Maßnahmenpaket, ab Anfang nächsten Jahres umgesetzt wird.
Nils Michaelis/Stefan Bartylla, Bild imago / schöning
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[tab title=“Treptow-Köpenick“]
Mehr Personal
„Um Bauanträge zu beschleunigen, bräuchten die Bezirksämter vor allem mehr Personal“, sagt der Bezirksverordnete Uwe Doering (Die Linke). „Derzeit hat die Verwaltung von Treptow-Köpenick allerdings große Probleme, qualifizierte Mitarbeiter zu finden.“ Unter anderem auch deswegen, weil viele Ingenieure und andere Fachkräfte lieber einen besser bezahlten Job beim Senat übernehmen. Für die freie Mieterberatung sieht das Mitglied des Ausschusses für Stadtentwicklung und Bauen großen Bedarf: „Ob bei der Modernisierung der Wohnung, Mietrechtsschutz für sozial Schwache oder im Milieuschutzgebiet: Viele Mieter haben Fragen, kennen aber ihre Rechte nicht. Da muss man helfen.“
Doering zieht eine positive Bilanz der rot-rot-grünen Ankündigung: „Regelungen zum Mietspiegel und zur Mietpreisbremse müssen im Bundestag getroffen werden. Was Berlin auf Landesebene beim Thema Wohnen und Mieten tun kann, findet sich in der Ankündigung der Koalition wieder.“ Iris Spranger, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, geht davon aus, dass das vom Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen abgesegnete Maßnahmenpaket, das über den künftigen Doppelhaushalt 2018/19 finanziert werden soll, ab Anfang nächsten Jahres umgesetzt wird.
Nils Michaelis, Bild: imago/Chromorange
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[tab title=“Lichtenberg-Hohenschönhausen“]
Mehr Personal
Auf normale Bauanträge hat die Erhöhung der Wohnungsbauprämie keinen Einfluss. Für die Anträge benötigen die Kollegen keine besonderen Materialien oder Ausstattungen, die man mit Geld verbessern könnte. Sie benötigen nur Zeit – im Moment durchschnittlich elf Wochen. Diese Zeit könnte man verkürzen, wenn es mehr Personal gäbe. Aber genau dafür können wir die Wohnungsbauprämie nicht verwenden“, teilt das Lichtenberger Stadtentwicklungsamt auf Anfrage mit.
Mit dem Geld könne man aber Bebauungsplanverfahren beschleunigen, indem verstärkt Aufgaben an externe Gutachter vergeben und notwendige Gutachten zeitlich nach vorne gezogen werden könnten.. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit von Bebauungsplanverfahren, die aktiv verfolgt werden, lägen derzeit bei ungefähr zweieinhalb Jahren. Eine bezirklich finanzierte Mieterberatung gäbe es hingegen bereits im Weitlingkiez. Grundsätzlich sei es aus Bezirkssicht zu begrüßen, wenn durch den Senat finanzierte kostenlose Beratungsangebote geschaffen werden, erläuterte ein Sprecher der Abteilung Stadtentwicklung, die von Bezirksstadträtin Birgit Monteiro (SPD) geführt wird.
Iris Spranger, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, kündigt an, dass das vom Ausschuss für Stadtentwicklung abgesegnete Maßnahmenpaket, das über den Doppelhaushalt 2018/19 finanziert wird, ab Anfang nächsten Jahres umgesetzt wird.
Nils Michaelis/Stefan Bartylla, Bild: Imago /Steinach
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[tab title=“Neukölln“]
Mehr Personal
„Eine höhere Wohnungsbauprämie ist grundsätzlich richtig“, sagt Neuköllns Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne). „Um nachhaltig für mehr Tempo bei der Bearbeitung der Anträge zu sorgen, wären zwei zusätzliche Mitarbeiter aber weitaus hilfreicher.“ Mit der Prämie könnten allein externe Dienstleistungen finanziert und damit einzelne Planungsprozesse beschleunigt werden.
Der Bedarf für eine freie Mieterberatung, die in Milieuschutzgebieten bereits aufgebaut worden ist, sei gegeben, etwa in der Gropiusstadt und in der Hufeisensiedlung. Das gilt auch für die Schlichtungsstelle. Biedermann: „Als die degewo begann, Wohnungen in der Gropiusstadt energetisch zu sanieren, gab es wegen der Umlage für die Mieter großen Klärungsbedarf, ähnlich lief es in der Krugpfuhlsiedlung.“ Weil kleine Genossenschaften ins Boot geholt werden sollen, um das Vorkaufsrecht des Bezirks häufiger einzusetzen, komme es darauf an, diese zu stärken.
Iris Spranger, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, kündigt an, dass das vom Ausschuss für Stadtentwicklung abgesegnete Maßnahmenpaket, das über den Doppelhaushalt 2018/19 finanziert wird, ab Anfang nächsten Jahres umgesetzt wird.
Nils Michaelis, Bild: imago/Schöning
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[tab title=“Steglitz & Zehlendorf“]
Das vom Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen abgesegnete Maßnahmenpaket wird über den noch zu beschließenden Doppelhaushalt 2018/19 finanziert und soll ab Anfang nächsten Jahres umgesetzt werden. Jenseits der Koalitionsparteien äußern sich Bezirkspolitiker zurückhaltend zu den wohnungspolitischen Zielen des Senats. „Mit einer höheren Wohnungsbauprämie ist kein einziger Bebauungsplan schneller genehmigt, diese Mittel fließen allein in Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung und in Wettbewerbe“, sagt FDP-Fraktionschef Kay Ehrhardt. „Offenbar scheut sich der Senat, die Stadtentwicklungsämter personell zu stärken.“
Bei der Beschleunigung des Wohnungsbaus sieht er die von Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) geführte Abteilung im Bezirksamt in der Pflicht: „Das Bezirksamt tut sich schwer, Wohnungsbaupotenziale aufzuzeigen. Es muss aber ein Ansprechpartner für jeden sein, der neuen Wohnraum schaffen will, auch für Gewerkschaften, die durch die Stärkung des Eigenkapitals leichter Kredite bekommen.“ Beim Ausbau der Mieterberatung komme es darauf an, keine Konkurrenz zu bestehenden Angeboten zu schaffen. Zunächst müsse aber der Bedarf geklärt werden. „Gegen Mietsteigerungen hilft nur Neubau, aber keine Mieterberatung“, so CDU-Fraktionschef Torsten Hippe. Neben mehr Personal in den Stadtentwicklungsämtern der Bezirke fordert er eine Stabsstelle für Bauherren.
Bild: imago/Schöning
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Titelbild: Thinkstock/istock/Terroa