Misch-Förderung sorgt für Verwirrung.
Gute, ausgebaute und gepflasterte Gehwege sind in Marzahn-Hellersdorf die große Seltenheit. Rund 80 Prozent aller Trottoirs sind nach Angaben des Bezirksamtes sanierungsbedürftig. Im Abschnitt in der Pilgramer Straße gibt es streckenweise gar keine befestigten Gehwege. Seit dem vergangenen Jahr können sich dort die Fußgänger schon einmal über vier barrierefreie, makellos gepflasterte Eckflächen an den Kreuzungen zur Bütower Straße, zur Ledebourstraße, zur Ahornallee und zur Kastanienallee freuen. Allein was fehlt, sind die Gehwege selbst, die auf die Pflasterecken führen, damit Menschen mit und ohne Rollator, Mütter oder Väter, die einen Kinderwagen schieben in den stufenlosen Genuss der dort gefertigten Bordsteinabsenkungen überhaupt gelangen können.
Kostspielige Pflastermuster
Die Gesamtkosten der bisher gefertigten Pflasterungen belaufen sich auf genau 20.150,85 Euro und haben jetzt dafür gesorgt, dass dieses Quartier sogar deutschlandweite Berühmtheit erlangte. Dem Schwarzbuch des „Bundes der deutschen Steuerzahler“ sind die Kreuzungspflaster nämlich als besonders nennenswerter Fall an Steuerverschwendung ein eigenes Kapitel mit dem Titel „Neues von der Fußverkehrsstrategie – Bordsteinabsenkungen für barrierefreien Zugang zu Trampelpfaden“ wert.
Die Erklärung
Steuerverschwendung ist ein Vorwurf, den der Marzahn-Hellersdorfer Bezirksstadtrat für Wirtschaft, Straßen und Grünflächen, Johannes Martin (CDU) in diesem Fall so nicht stehen lassen kann und will. „Natürlich sind auch wir nicht glücklich mit diesem Zustand und es sieht im Moment dort wirklich ziemlich absurd aus“, räumt Martin ein. „Unterm Strich sei die Vorgehensweise zum Bau der Gehweganlagen aber sogar ressourcenschonend für den Bezirk gewesen. „Wir haben zum genau richtigen Zeitpunkt im Jahr 2016 die Mittel aus dem Senatsprogramm zur Bordsteinsenkung geschöpft und diese Pflasterungen angelegt. Hätten wir das nicht getan, wären diese Mittel verfallen“, so Martin.
Auflösung naht
Im kommenden Jahr soll im Quartier nun eine Kita gebaut werden. „Dann werden wir auch die ergänzenden Gehwege dazu bauen“, so der Stadtrat. Rund 50.000 Euro pro Seite werden diese ergänzenden Pflasterungen dann kosten. „Normalerweise sollten solche Baumaßnahmen in einem Zug erledigt werden. Da die Mittel dafür aber aus zwei verschiedenen öffentlichen Töpfen stammen, war das in diesem Fall nicht realisierbar“, resümiert Martin, der zu Beginn seiner Amtsperiode Anfang 2016 speziell die Sanierung der Gehwege in den Siedlungsgebieten des Bezirks als sein vornehmliches Ziel formuliert hatte.
Mehr Geschichten
Andere unterhaltsame aber auch skandalöse Steuerverschwendungen hält das Schwarzbuch auf 192 unterhaltsamen und bebilderten Seiten bereit. Ein kostenloses Exemplar kann auf der Homepage der Autoren geordert werden.
Stefan Bartylla, Bild: Thinkstock/ istock / rootstocks