Wohnungsmarkt: Mieter leiden unter „Lock-in-Effekt“.
Der hart umkämpfte Wohnungsmarkt hat einen bedenklichen Nebeneffekt: Wer eigentlich eine größere Wohnung braucht, der bekommt sie nicht oder entscheidet sich bewusst, die alte Behausung auch dann zu behalten, wenn sie eigentlich nicht mehr geeignet ist. Dieser so genannte „Lock In-Effekt“ macht sich zwar stadtweit bemerkbar. Im Bezirk Mitte ist er inzwischen aber ein ernsthaftes Problem.
Teure Mitte
Getroffen würden von diesem Effekt besonders junge Familien, die sich wohnlich vergrößern müssen. Selbst wenn sie eine entsprechende Wohnung finden sollten, kommt für viele der Umzug oft nicht infrage, weil der Kostensprung enorm hoch ist. Auch bei Rentnern, die sich verkleinern wollen, tritt dieser Effekt auf. Oftmals müssten sie für die neue Wohnung, die ein oder zwei Zimmer weniger hat, sogar noch mehr bezahlen, als für ihre jetzige Wohnung, weshalb sie nicht umziehen.
Ein weiteres Phänomen, das den Berliner Wohnungsmarkt generell und beliebte Bezirke betrifft, ist die Suburbanisierung. Die hohen Mieten im Innenstadtbereich sorgen dafür, dass selbst Menschen oder Familien mit mittlerem oder gar höherem Einkommen in ihren Heimat- oder Wunschbezirken keine bezahlbaren Wohnungen mehr finden. Das verdrängt sie an den Stadtrand. Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht, denn durch rund 135.000 Neuberliner pro Jahr und dank der nur schleppenden Aufstockung des bezahlbaren Wohnraums bleibt es auf dem Markt auf unabsehbare Zeit eng.
Häufiger möbliert
Und noch ein Problem macht sich verstärkt auf dem Berliner Wohnungsmarkt bereit, weiß Robert Litwak, Geschäftsführer der PlusForta GmbH, die das Internetportal Kautionsfrei betreibt: Immer häufiger werden Wohnungen ausschließlich möbliert vermietet – denn dann finden Mietspiegel und Mietpreisbremse keine Anwendung, unanbhängig davon, wie spärlich oder luxuriös eine solche Wohnung ausgestattet ist. Aufschläge von drei bis vier Euro pro Quadratmeter sind nicht ungewöhnlich.
Löhne stagnieren
Stadtweit machen laut Robert Litwak möblierte Wohnungen ganze 27,4 Prozent des gesamten Mietangebots aus. Mehr als die Hälfte dieser Angebote entfällt dabei auf die beliebten Innenstadtbezirke Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg. Hier machen die möblierten Inserate sogar jeweils fast 40 Prozent aus. Gerade in Berlin kommt noch erschwerend hinzu, dass die Löhne im Gegensatz zu den Mieten eher gering ausfallen und nicht genug mitwachsen: Verdient eine Fach- oder Führungskraft in Deutschland im Schnitt etwa 52.000 Euro, sind es in Berlin lediglich 42.865 Euro. Der Berliner gibt laut Robert Litwak im Schnitt 45 Prozent seines Einkommens für die Wohnung aus. Bisher habe auch die Mietpreisbremse nicht funktioniert.
Red., Bild: Imago/Chromorange