Bündnis bringt Einwohnerantrag auf den Weg / Kritik an Bezirksamt.
Nicht jeder denkt sofort an Steglitz oder Zehlendorf, wenn es um die Verdrängung von Menschen aus ihren Wohnungen geht. Doch auch im vergleichsweise wohlsituierten Südwesten der Stadt geraten Mieter zunehmend unter Druck. Um Luxussanierungen und damit einhergehende Mietsteigerungen zu erschweren, kämpft die Initiative „MieterInnen Südwest“ für die Einführung des Milieuschutzes im Bezirk. Derzeit sammeln die Aktivisten Unterschriften für einen Einwohnerantrag. Kommen genug davon zusammen, muss das Bezirksparlament über den Antrag abstimmen.
Mieter beunruhigt
Den Angaben der Initiative zufolge leben mehr als 72 Prozent der Menschen im Bezirk zur Miete, viele davon mit schmalen Renten oder Einkommen. In diesem Frühjahr hatten Sanierungsankündigungen der Deutsche Wohnen bei vielen Mietern, unter anderem in der Argentinischen Allee, für Beunruhigung gesorgt. Nach Mieterprotesten blies das Immobilienunternehmen den Austausch von Fenstern wieder ab, doch für nächstes Jahr wurden bereits weitere Umbaumaßnahmen angekündigt.
Der Widerstand gegen das Vorgehen der Deutsche Wohnen hatte entscheidend dazu beigetragen, dass sich das Mieterbündnis neu formierte. Derzeit zählt es rund 30 Mitglieder, die sich regelmäßig im Kiezladen in der Ladenstraße im U-Bahnhof Onkel Toms Hütte versammeln. Die Initiative setzt sich zudem dafür ein, den Bestand von kleinen und bezahlbaren Wohnungen in den Siedlungen der Zwischenkriegszeit zu erhalten. „Es ist in Zeiten des Wohnungsmangels nötig, sie den Geschäftsmodellen von Finanzinvestoren zu entziehen und gemeinnützig zu bewirtschaften“, heißt es in einer Mitteilung.
Kriterien geprüft
Unterstützung erhalten die engagierten Mieter von der SPD. „Das CDU-geführte Bezirksamt und die schwarz-grüne Mehrheit im Bezirksparlament unternimmt nichts, um steigende Mieten zu verhindern“, kritisiert der Kreisvorsitzende Ruppert Stüwe. „In Neukölln, Pankow und Charlottenburg-Wilmersdorf haben die Bezirksämter neue Milieuschutzgebiete auf den Weg gebracht, nur bei uns passiert nichts.“ Bislang seien Vorstöße dazu von CDU und Grünen mit dem Vorbehalt ausgebremst worden, der Senat müsse die Voruntersuchungen finanzieren.
„Den Milieuschutz für bestimmte Gebiete zu prüfen, ist aber ureigene Aufgabe des Bezirks“, betont Stüwe. Den Vorwurf der Untätigkeit weist Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) zurück. Das Bezirksamt sei in der vergangenen Legislaturperiode zu dem Ergebnis gekommen, dass in keinem Bezirksgebiet die strengen Kriterien für einen Milieuschutz erfüllt worden seien. Das Stadtentwicklungsamt prüfe derzeit, ob die damals erhobenen Daten noch gültig seien. „Der Milieuschutz ist allerdings kein Allheilmittel“, betont sie.
Die SPD-Fraktion im Bezirksparlament fordert das Bezirksamt in einem Antrag auf, Voruntersuchungen für den Erlass von sozialen Erhaltungssatzungen, den sogenannten Milieuschutz, zu prüfen, unter anderen für die Planungsräume Mittelstraße, Schloßstraße und Zehlendorf Süd. Konkret geht es beispielsweise um Kieze an der Albrechtstraße, am Lauenburger Platz, im der Sundgauer Straße und in Lichterfelde-Ost. Am 12. September wird der Antrag Thema im Stadtentwicklungsausschuss sein.
Nils Michaelis, Bilder: Thinkstock/iStock/suteishi, Bild. imago/Schöning