Konzert: Klezmer-König Jossif Gofenberg tritt am 13. Mai mit seinem Chor in der Philippuskirche auf.
„Wenn du singst, wie kannst du hassen?!“ – Jossif Gofenberg, der ungekrönte Klezmer-König von Berlin (Klezmer bedeutet „Lied“ auf Jiddisch), ist nicht nur ein begnadeter Musiker, sondern auch ein unermüdlicher Brückenbauer. Der schwergewichtige, lebenssprühende und humorvolle 67-Jährige ist überzeugt, dass „keinen Hass entwickeln kann, wer einmal die jüdische Kultur kennen gelernt hat“. Diese Erfahrung will der 1949 im ukrainischen Czernowitz in einer jiddisch-deutschsprachigen Familie Geborene mit seiner Musik vermitteln. Das ist ihm wichtig in einer Zeit, in der ein wachsender Antisemitismus die Balance zwischen den Völkern zunehmend ins Wanken bringt.
Tradition erklingt
Gofenbergs Instrumente des multikulturellen Dialogs sind sein Chor und seine jiddisch-jazzige Band „Klezmer Chidesch“ (Klezmer-Wunder). Beide bringen die fast vernichtete jüdische Tradition wieder zum Klingen: Jiddische Lieder mit Geschichten aus dem versunkenen Alltag des ost- und mitteleuropäischen „Schtetl“, voller Melancholie und Lebensfreude. Lieder, die „der Seele eine Stimme geben“, wie der Chorchef sagt. „Sie kommen vom Herzen und gehen zu Herzen.“ Lebendig und unbeschwert feiern sie das Leben; Mutmacher über Generationen hinweg. Die Konzerte sind eine ergreifende, tief unter die Haut gehende Mischung aus Nostalgie, Melancholie, Liebe und Heiterkeit. „Gofenberg & Chor“, vor zehn Jahren gegründet, ist ein gefragter Klangkörper in Berlin und weit darüber hinaus. Es gibt nur wenige in Deutschland, die den Zauber jiddischer Musik so virtuos vermitteln können. Seine 25 Mitglieder, durchweg Nicht-Profis zwischen 20 und 80 Jahren, kommen regelmäßig zusammen. „Klar, um zu üben“, sagt Gofenberg. „Aber wir wollen nicht nur singen. Wir sind eine Familie, die nach der Probe auch mal ins Café geht.“
Konzert und Lesung
Sie singen auf Holocaust-Gedenkveranstaltungen, in Synagogen, auf Bürgerfesten – auch im Ausland . Anlässlich des 84. Jahrestages der Bücherverbrennung durch die Nazis gestaltet „Gofenberg & Chor“ in Zusammenarbeit mit der Nicolaischen Buchhandlung erstmals ein musikalisch-literarisches Programm: Am 13. Mai treten sie um 17 Uhr in der Philippuskirche, Stierstraße 17-19, mit ihrem Repertoire jiddischer Lieder auf. Dazu wird aus Werken von Erich Kästner, Kurt Tucholsky, Ernst Jandl gelesen – Schriftsteller, die alle einst im „Friedenauer Dichterviertel“ leben. Der Eintritt ist frei. Um eine Spende wird gebeten.
Weitere Informationen
Jürgen Zweigert, Bild: Gofenberg & Chor