Der Fair-Trade-Laden „A Janela“ sucht Nachwuchs.
Sie liebt die philippinischen Märchenpuppen, die sie mit wenigen Handgriffen in immer wieder andere Figuren verwandelt. Judith Siller und ihr Team vom „A Janela“-Weltladen in der Emser Straße suchen im Alltäglichen das Besondere. „Natürlich müssen wir uns nach Ideen strecken, um Kunden zu interessieren und für unsere Produkte zu begeistern“, sagt sie. Kaffee, Tee, Süßes, Trockenfrüchte aus aller Welt – das bieten viele. Doch das ist längst keine tragfähige Geschäftsidee mehr. Der Clou sind deshalb Kunsthandwerkliches, schöne Alltagsdinge, Schmuck, Lederwaren, Modisches aus Afrika, Südamerika, aus Indien und Ländern des Pazifikraums.
„A Janela“ ist ein weit geöffnetes Fenster, in das man auf fremde Kulturen schaut. Allein in Berlin gibt es zehn solcher Läden; 800 sind es bundesweit. Sie alle verbindet die Idee des „Fair Trade“ – fair gehandelter Waren, die den kleinbäuerlichen und genossenschaftlichen Produzenten in südlichen Ländern faire Löhne und ein menschenwürdiges Leben ermöglichen sollen. Es ist ein mühevoller Weg, in einer Welt explodierenden Profitstrebens dieses wirtschaftliche Ideal zu verfolgen. „Doch wir bleiben dran. Fairer Handel sichert soziale Rechte, ist ein wichtiges Stück Völkerverständigung und sorgt mit für nachhaltige Entwicklungen in Problemländern“, begründet Siller ihr Engagement.
Knappes Budget
Der Wilmersdorfer Weltladen in Trägerschaft der St. Ludwig-Kirchengemeinde ist – wie alle anderen auch – ein „Non Profit“-Unternehmen. Durchschnittlich 20 bis 30 Kunden täglich schauen sich im Laden um – durchaus neugierig, aber leider rege steigendes Interesse an „Fair Trade“ nicht automatisch auch zum Kaufen an: „Was an Geld reinkommt, deckt gerade die eigenen Unkosten und wir können die Einkäufe sicher finanzieren“, erläutert die Team-Chefin.
Es gibt keine regelmäßigen Zuschüsse oder Spenden. Der Laden muss alles selbst erwirtschaften. Deshalb sind zusätzliche Aktivitäten und Präsenz wichtig, um ihn im Bezirk und darüber hinaus bekannter zu machen, wie etwa mit der „Fairtrade-Town-Kampagne“, auf Messen, Kiez- und Straßenfesten, in Schulen und Kirchengemeinden. So hat der derzeit 20-köpfige „A Janela“-Stamm ehrenamtlicher Mitarbeiter alle Hände voll zu tun. Dabei sind Rentner, Studenten, Geflüchtete; auch Judith Siller, Musiktherapeutin im Hauptberuf, steht nach Dienstschluss häufig hinterm Ladentisch.
Doch die Crew schrumpft. Siller: „Viele Jahre war die Fluktuation im Team ausgeglichen. Aber seit einiger Zeit finden wir kaum Nachwuchs, der ehrenamtlich und unentgeltlich mit für die Idee des fairen Handelns einsteht.“ Sie hofft auf ältere Menschen, die nach einem erfüllten Berufsleben helfen wollen. Oder auf Jüngere mit Neugier auf die Welt.
Jürgen Zweigert, Bild: Weltladen