Tegelerin Carola Wolff schreibt Fantasy-Roman.
Gäbe es männliche Musen, würde sie sich am liebsten Neil Gaiman anwvertrauen: Carola Wolff ist vernarrt in den britischstämmigen US-Autor, der mit seinen Fantasy-Geschichten Groß und Klein fesselt. Sein Motto „Traue deinem Traum, traue deinem Herzen, traue deiner Geschichte“ ist ihr täglicher Begleiter. „Ich brauche diesen Ansporn“, bekennt die sympathisch-wirrlockige Mittfünfzigerin mit dem Faible für alles Britische. „Denn ich hadere häufig mit mir, bin zu selbstkritisch, lasse den inneren Kritiker zu oft raus. Gaiman ermutigt mich, Zuversicht zur eigenen
Story zu fassen.“
Furioser Kampf
Zuversicht zur eigenen Story – wohl mit die wichtigste Voraussetzung, einem leeren Blatt literarisches Leben einzuhauchen. Carola Wolff hat das gerade mit vielen Blättern getan: Ihr gerade veröffentlichter Jugendroman „Ausgerechnet Muse“ erzählt die fantasievolle Geschichte von Apollonia und Nick; Nachfahrin der griechischen Musen die eine; Gitarrist, Songschreiber und Mädchenschwarm der andere, beide zu Hause in Berlin-Tegel. Musen sind dazu verdammt, talentierten Künstlern zum Durchbruch zu verhelfen. Doch Apollonia will keine Muse sein. Aus diesem Spannungsbogen entwickelt sich ein furioser Kampf zwischen Gut und Böse, eine surreale, die Leselust anfeuernde Irrfahrt durchs Leben. Natürlich siegt am Ende die Liebe und ganz ohne erhobenen Zeigefinger wird erzählt, wie diese Lebensfahrt gelingt. Das Finale war kürzlich auch auf der Leipziger Buchmesse zu erfahren, auf deren Fantasy-Insel Carola Wolff ihr jüngstes Werk vorstellte. Nachdenklich sitzt Carola Wolff am Schreibtisch ihrer kleinen Tegeler Wohnung „Endlich fertig, das Buch. Halb geschrieben, staubte es in der Schublade lange vor sich hin. Aber seine Figuren verfolgten mich hartnäckig“, sagt sie. Bis sie einer Mitarbeiterin des Stuttgarter Fabulus-Verlages davon erzählte und diese sie begeistert anspornte, die Geschichte zu vollenden. Die Fabel reflektiert Orte ihres Lebens – den Tegeler See, die Greenwichpromenade, das geschäftig-urwüchsige Alt-Tegel, die Sechserbrücke… Viele verwunschene Ecken, aus denen sie ihre
fantasievollen Ideen zieht.
„Ich hadere
häufig mit mir,
bin zu selbstkritisch“
„Tegel ist mein inspirierendes Zuhause, in dem ich nach etlichen Berliner Stationen endlich angekommen bin“, schwärmt Carola Wolff. Die gelernte Buchhändlerin arbeitete viele Jahre bei Hugendubel am Tauentzien, werkelte schon immer an fantastischen Geschichten rum. Erst als sie den Job aufgeben musste, weil die Knie nicht mehr mitmachten, sattelte sie endgültig aufs Schreiben um. Anfangs fiel sie in ein tiefes Loch, war voller Selbstzweifel und Depressionen. Doch Freunde halfen ihr rechtzeitig wieder raus. Schreiben sei wie ein Muskel, den man ständig trainieren müsse – nicht nur „vom Kopf her“, sondern durchaus auch körperlich, wie das Fahrradergometer direkt am Schreibtisch beweist. „Da muss ich nachher noch rauf“, seufzt sie und lacht: „Aber durchaus auch eine Kraft gebende Muse, die meine Fantasie anregt.“
Text & Bild: Jürgen Zweigert