Stadtrat Brockhausen hält Versorgungsdichte in Reinickendorf für ungenügend.
Reinickendorf hat zu wenige Kinderärzte. Laut Anfrage des CDU-Abgeordneten Danny Freymark im Berliner Abgeordnetenhaus hat der Bezirk mit 94,1 Prozent den zweitniedrigsten Versorgungsgrad im Berliner Stadtgebiet. Nur Neukölln ist mit nur 90,8 Prozent noch ärger dran – etwa halb so hoch wie die Quote in Steglitz-Zehlendorf (175,1).
„Die Versorgungsdichte mit Kinderärzten ist in Reinickendorf leider seit Jahren nach meiner Überzeugung ungenügend“, sagt Stadtrat Uwe Brockhausen (SPD). Dieser Zustand habe nachteilige Auswirkungen auf die ärztliche Versorgung von Kindern und führe insbesondere zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Einhaltung der vorgegebenen Früherkennungsuntersuchungen. „Daher hatte ich bereits im Jahr 2013 den zuständigen Senator gebeten, auf eine bedarfsgerechte Versorgung in unserem Bezirk hinzuwirken und insbesondere Berlin nicht als einen Planbezirk fortzuschreiben. Leider habe ich im Ergebnis die Antwort erhalten, dass in Reinickendorf nicht von einer Unterversorgung auszugehen ist.“
Erheblicher Bedarf
Tatsächlich fehlt dem Bezirk – von der reinen Statistik in konkrete Personen umgerechnet – gerade mal ein Kinderarzt, um als „versorgt“ zu gelten. 18 gibt es derzeit, die Statistik fordert 19,1 Stellen für 100 Prozent. Dennoch: „Wenn man die Anzahl von Kinderärzten in den einzelnen Ortsteilen vergleicht, lässt sich feststellen, dass die Situation im Einzugsbereich Frohnau und Hermsdorf insgesamt besser als in den anderen Reinickendorfer Ortsteilen ist“, stellt der Stadtrat fest und betont, „dass wir nicht nur vor dem Hintergrund der wachsenden Stadt insgesamt erheblichen Handlungsbedarf haben.“
Kinderarzt Dr. Burkhard Ruppert bestätigt eine „extreme Zunahme der Patientennachfrage“ in seiner Praxis am Oraniendamm. Es werde zunehmend schwierig, akute Dinge am selben Tag zu behandeln. „Gegebenenfalls prüfen wir, ob ein Arztbesuch am nächsten Tag ausreicht“, schildert er die Situation. Gerade im Herbst und Winter war die Lage angespannt. Außerdem würden die Praxen gerade von einer Geburtenwelle überschwemmt. Inzwischen werden wieder so viele Kinder in Berlin geboren wie 1990. Neue Vorsorgeuntersuchungen begrüßt Ruppert zwar ausdrücklich, doch führten auch diese zu spürbaren Mehrbelastungen in den Arztpraxen.
Begrenzte Möglichkeiten
Die entscheidende Schwäche ist, dass Berlin als ein Planungsraum betrachtet wird und eine effektive Steuerung in den vergangenen Jahren nicht stattgefunden hat. „Die Entscheidung, in welchem Ortsteil von Berlin sich ein Kinderarzt ansiedeln konnte, wurde leider nicht von den Bezirksbedarfen bestimmt“, bedauert Brockhausen. Die Möglichkeiten, die ärztliche Versorgung in Reinickendorf zu verbessern, sieht das Bezirksamt als begrenzt an. Die entscheidende Weichenstellung müsse an anderer Stelle vorgenommen werden. So sollten Praxisverlegungen zum Beispiel nur dann zugelassen werden, wenn diese in weniger gut versorgte Bezirke erfolgen und insgesamt eine differenziertere Betrachtung greifen. „Dies reicht aber alles noch nicht und die bisher in Berlin ergriffenen Initiativen zu einer gerechteren Ärzteverteilung haben jedenfalls keinen durchgreifenden Erfolg erzielt. Ich habe mich an die Senatsverwaltung bereits mit der Bitte gewandt, effektivere Lösungskonzeptionen zu initiieren“, so Brockhausen. Im Interesse einer gerechteren Ärzteverteilung in Berlin hofft der Stadtrat, dass endlich etwas passiert. Denn eine gerechtere Ärzteverteilung in Berlin ist für ihn „eine ganz wichtige Herausforderung für die Gesundheitspolitik in den nächsten Jahren.
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