Wirtschaft: Buddelei in der Karl-Marx Straße macht Sorgen.
Einkaufsstraße, Hauptverkehrsstraße, Kiezzentrum und seit sieben Jahren Dauerbaustelle: So lange leben die Menschen in der Karl-Marx-Straße schon mit dem täglichen Chaos aus Lärm, Dreck und Staus. Und ein Ende ist frühestens für 2021 in Aussicht gestellt. Vor allem die Geschäftsleute leiden darunter, viele bangen um ihre Existenz.
Buddelei lähmt
Eine der Betroffenen ist Nadia Massi. Seit 2012 betreibt sie zusammen mit Elke Dornbach die „Bioase 44“ an der südlichen Karl-Marx-Straße. Seit Anfang Januar wird auf dem Straßenabschnitt vor ihrem Bioladen gebuddelt und viele Kunden bleiben weg. „Zwischen dem Bauzaun und unserer Ladentür haben wir nur knapp zwei Meter Platz. Wir können keine Aufsteller, Tische oder Stühle mehr rausstellen“, sagt Nadia Massi und beklagt deutliche Umsatzeinbußen. Im Januar seien etwa 15 Prozent, im Februar sogar bis zu 25 Prozent weniger Kunden in ihren Bioladen gekommen. Es gibt kaum noch Parkmöglichkeiten, keinen Platz für Fahrräder oder Kinderwagen. Die Geschäftsleute fühlen sich allein gelassen, keine Unterstützung vom Senat oder dem Runden Tisch, bei dem sich Nadia Massi beteiligt. Viele Ladenbesitzer mussten schon die Notbremse ziehen und ihre Geschäfte aufgeben. „Keiner konnte ahnen, wie komplex dieser Umbau wird“, klagt Massi. Die 100 Jahre alte Karl-Marx-Straße ist ein akuter Sanierungsfall. Die BVG dichtet die Tunneldecken ab, Telekom und Vattenfall erneuern ihre Leitungen. Und der Bezirk plant unter dem Motto, „Jung, bunt, erfolgreich – handeln, begegnen, erleben“, eine Straße mit Boulevard-Charakter. Die Bürgersteige sollen verbreitert, Bäume gepflanzt, neue Straßenlaternen aufgestellt und alles wesentlich fahrradfreundlicher gestaltet werden. Dafür müssen die Autofahrer auf eine Spur verzichten. 14 Millionen Euro soll die Runderneuerung voraussichtlich kosten.
Mit Entschlossenheit
Trotz der negativen Auswirkungen der Dauerbaustelle kämpfen Nadia Massi und Elke Dornbach um ihren Laden. Sie sparen wo sie können, verzichten auf Reparaturen und neue Mitarbeiter. Außerdem werben sie in sozialen Netzwerken für die „Bioase 44“. Es herrsche viel Unwissenheit im Kiez, da die Informationen des Bezirks über den Stand der Bauarbeiten die Anwohner und Geschäftsleute nicht erreichen. Die könnten ganz einfach durch Schautafeln an den Bauzäunen vermittelt werden. So bekämen alle Neuköllner eine Vorstellung von dem Endprodukt. Nadia Massi blickt trotz aller Probleme hoffnungsvoll in die Zukunft und freut sich auf die fertige Karl-Marx-Straße. „Ich hoffe, dass sie eine gute Mischung aus Kreuzberg und Prenzlauer Berg darstellen wird.“
Marley Lackermann, Bild: Stefan Bartylla