Projekt für schwule Flüchtlinge.
Schwul, transgeschlechtlich und muslimisch – geht das? Für die meisten Muslime und islamische Gelehrte ist Homosexualität widernatürlich, gleichgeschlechtlicher Sex eine Sünde, die hart bestraft werden muss – oft mit dem Tod. Die Terrormiliz IS richtet Schwule in Syrien und im Irak öffentlich hin. Selbst wenn ihnen die Flucht nach Deutschland gelingt, sind sie vor brutalen Übergriffen in den Einrichtungen nicht sicher. Der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) hat ein Projekt ins Leben gerufen, um die Aufnahmebedingungen dieser Flüchtlinge zu verbessern.
In Ruhe Deutsch lernen
Unter anderem sollen homosexuelle und transgeschlechtliche Geflüchtete beim Erlernen der deutschen Sprache in geschützten Räumen unterstützt werden. Zu ihrer Stärkung werden auch Vorbereitungsworkshops für die Anhörung im Asylverfahren angeboten. Außerdem werden Polizei, Träger von Flüchtlingsunterkünften und Ansprechpartner durch Schulungen für die spezielle Problematik sensibilisiert. „Die Männer müssen schnell Deutsch lernen, um sich zurecht zu finden. Oft sind die Sprachvermittler auch homophob und übersetzen falsch. Und die Betroffenen müssen lernen, dass sie einen Angriff anzeigen müssen. Viele denken nämlich, das hätte negative Auswirkungen auf ihren Asylantrag,“ erklärt Jörg Steinert, Geschäftsführer des Verbandes.
Hunderte Übergriffe
„Wir haben im letzten Jahr 130 Übergriffe gezählt. Das geht von physischer Bedrohung bis zu Vergewaltigung“, stellt er fest. „Solche Übergriffe kommen in allen Unterkünften und allen Trägerschaften vor. 90 Prozent der Betroffenen sind unter 30 Jahren und haben bereits auf der Flucht Gewalterfahrung gemacht. Für viele homosexuelle Muslime ist es ein Leben in Angst. Morddrohungen, Zwangsheirat, Schläge, Exorzismus, Beleidigungen – es reicht schon aus, wenn ein Verdacht besteht. Manchmal werden feminin aussehende Männer einfach rausgepickt. „Ein Problem sind auch die oft arabischstämmigen Sicherheitsmitarbeiter in den Einrichtungen. Die schützen schwule Muslime nicht gerade. Wir kämpfen schon lange um Verbesserungen, aber es passiert nichts“, bedauert der Geschäftsführer.
Bund fördert
Das Projekt wird durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds gefördert. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin unterstützt als Drittmittelgeber und Kooperationspartner.
Anke Walter