Nachtigal und Lüderitz sollen aus dem Straßenbild verschwinden.

Schon im März vergangenen Jahres hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auf Antrag der CDU-Fraktion beschlossen, dass für die Lüderitzstraße, den Nachtigalplatz und auch die Petersallee im Afrikanischen Viertel neue Namen gefunden werden sollen, „die Persönlichkeiten – insbesondere Frauen – der (post-)kolonialen Befreiungs- und Emanzipationsbewegung aus Ländern Afrikas ehren“. Nun, mit knapp einem Jahr Verspätung ruft die neu gewählte Stadträtin Sabine Weißler (Die Grünen) die Anwohner auf, sich an der Namensfindung zu beteiligen – zumindest für die Lüderitzstraße und den Nachtigalplatz. Denn die von der BVV ebenfalls geforderte Umbenennung der Petersallee werde zurzeit noch rechtlich geprüft. Die Petersallee wurde bereits 1986 „umgewidmet“. Sie soll nicht mehr an den Kolonialpolitiker Carl Peters erinnern, sondern an den Berliner CDU-Politiker Hans Peters. „Diese Änderung ist allerdings vor Ort nicht nachvollziehbar“, findet Weißler.

Afrikanische Community

Die nach Akteuren des Kolonialismus benannten Straßen waren immer wieder Ziel von Initiativen zur Umbenennung. Sie werden von Kritikern als diskriminierend gegenüber den Afrikanern angesehen. Der Kaufmann Adolf Lüderitz wird mit dem sogenannten „Meilenschwindel“ in Verbindung gebracht, weil er in Namibia bei der Gründung einer deutschen Kolonie Landverträge schließen ließ, denen er die deutschen Meilen statt der kürzeren englischen zugrunde legte. Der Nachtigalplatz wurde 1910 zu Ehren Gustav Nachtigals benannt, dem offiziellen Begründer der Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Es war Carl Hagenbeck, der vor dem Ersten Weltkrieg für den heutigen Volkspark Rehberge eine – seinem Hamburger Tierpark ähnliche – Anlage plante, in der er unter anderem Tiere und Menschen aus den damaligen deutschen Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent präsentieren wollte. Der Krieg verhinderte diese Pläne, aber die Straßennamen waren bereits vergeben, sodass sie bis heute existieren. 25 Straßen sind nach afrikanischen Ländern, Städten und Flüssen benannt, so zum Beispiel die Kameruner Straße, die Kongo- und die Senegalstraße. Zuzügler aus Afrika gibt es hier mittlerweile viele. „Das Viertel war lange Zeit sehr preisgünstig. Afrikanische Studierende bezogen WGs, wurden heimisch, blieben, andere zogen nach. Es kamen kleine Geschäfte und Restaurants hinzu“, erklärt Sabine Weißler. So habe sich im Afrikanischen Viertel auch eine echte afrikanische Community entwickelt.

Anwohner bevorzugt

Das Bezirksamt sei bei den Anliegern auf ein großes, überwiegend positives Echo gestoßen, was die Umbenennung der Straßen angeht. Namensvorschläge können bis zum 25. Februar per Post oder E-Mail eingereicht werden. Um den Anliegern die Änderung ihrer persönlichen Dokumente zu erleichtern, wird das Amt für Weiterbildung und Kultur einen Leitfaden für sie erstellen, der alle erforderlichen Änderungen zusammenfasst. „Außerdem sollen die Bewohner der Straßen bei den bezirklichen Dienststellen bevorzugt behandelt werden“, sagt Weißler.

Sara Klinke, Bild: imago/Jürgen Ritter