Kultur: Zum 60. Geburtstag gibt es bessere Luft sowie moderne Ton- und Lichttechnik.

cr_lvs_re_reuter-saalWer den Ernst-Reuter-Saal nicht kennt, kennt Reinickendorf nicht: Am 12. Januar 2017 wird das kulturelle Urgestein 60 Jahre alt. Und als Geburtstagsgeschenk gibt es für das architektonische Juwel der Nachkriegsmoderne ein neues Lüftungssystem für bessere Luft, Ton- und Lichttechnik erhielten moderne Standards. „Höchste Zeit, denn es war oft zu warm und stickig im vielbesuchten Saal“, sagt Kulturstadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU).

Prima Klima also für das Jubiläumskonzert am 12. Januar mit den Warschauer Kammerphilharmonikern und Dariusz Mikulski am Dirigentenpult. Die mehr als 700 Gäste freuen sich auf Beethovens „Fünfte“, auf Musik aus Bizets „Carmen“ und Ravels „Bolero“. Trümmerlandschaft Berlin, Anfang der 50-er Jahre: Auch die großen Kulturstätten liegen noch in Schutt und Asche. Als Berlins Oberbürgermeister Ernst Reuter am 10. September 1950 den Grundstein für den Erweiterungsbau des Reinickendorfer Rathauses legt, sollte dieser auch einen Raum für kulturelle Veranstal-
tungen erhalten.

Freier Kulturwille

cr_lvs_re_reutersaal2Doch erst fünf Jahre später wird der Bau eines Saales mit rund 800 Plätzen beschlossen. Adolf Dünnebacke, der damalige SPD-Bezirksbürgermeister, hatte mit einem flammenden Plädoyer die Kultur im Neubau durchgesetzt. Endlich, am 12. Januar 1957, eröffneten die Berliner Philharmoniker unter Leitung von Ferenc Friscay mit Werken von Haydn und Mozart feierlich den Ernst-Reuter-Saal. Adolf Dünnebacke erinnerte in seiner bewegenden Rede an den bereits 1953 verstorbenen Namenspatron und nannte den Saal angesichts der nahen Zonengrenze einen „Ort des freien Kulturwillens“: „Das abschreckende Beispiel staatlicher Bevormundung des geistigen Lebens ist ein Grund mehr, der diesen Bau rechtfertigt. Wir werden diesen Saal auch unseren Nachbarn in Pankow und Weißensee und aus der Zone zur Verfügung stellen“, sagte er.

Stets beliebt

Bereits zwei Tage später, am 14. Januar 1957, präsentierte Hans Rosenthal sein Spiel „Wer fragt – gewinnt“. Seitdem fanden mehr als 7.000 Konzerte, Shows, Vorträge mit mehr als drei Millionen Gästen statt. Viele Stars standen hier auf der Bühne: Götz George, Manfred Krug, Inge Meysel, Bill Ramsey, Udo Jürgens, Max Raabe, Justus Franz. „Von Anfang an gehörten Veranstaltungen des Kunstamtes und die Musiknachmittage für Senioren zu den wichtigsten Säulen des Programms“, sagt Michael Bitomsky, zuständig für das Veranstaltungsmanagement im Bezirksamt. Allein die „Reinickendorf Classics Berlin“ bieten jährlich mehr als 20 Konzerte. Glückwunsch, junggebliebener Ernst Reuter-Saal, auch mit 60 beliebt wie eh und je. Jürgen Zweigert

Jürgen Zweigert, Bilder: Dariusz Mikulski / BA Reinickendorf