Die modernisierte Ausstellung wird jetzt im Rathaus Köpenick eröffnet.

Der Tourismus in Treptow-Köpenick legt weiterhin zu. Das ist auch dem Hauptmann von Köpenick zu verdanken. Die Ausstellung über Wilhelm Voigts weltberühmtes Possenspiel wurde gründlich überarbeitet und modernisiert. Am 16. Oktober jährt sich die Köpenickiade zum 110. Mal. An diesem Tag wird zur „Tatzeit“, um 16 Uhr, die Dauerausstellung mit dem Titel „Der Hauptmann von Köpenick – Vom Sträfling zur Legende“ am historischen Ort des Geschehens, im Kassenraum des Rathauses Köpenick, eröffnet.

Ohne Chance

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Der Ort des Geschehens beherbergt auch die Hauptmann-Schau

„Mehr als zuvor wird der Hauptmann unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet“, sagt Barbara Ziebler vom Fachbereich Museum im Bezirksamt. Erstmalig wird die Geschichte von Wilhelm Voigt in ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang erzählt.“ Ziebler: „Es geht um die Frage, warum er überhaupt straffällig geworden ist und nach seiner Haft keine neue Chance bekommen hat. Heute wird viel mehr für die Resozialisierung von Strafgefangenen getan.“ Aber auch die filmische und literarische Aufarbeitung der Geschichte wird beleuchtet. Zudem spielt auch Voigts Selbstvermarktung eine Rolle: Dieser hatte mit Schallplattenaufnahmen und Auftritten selbst dazu beigetragen, dass die Köpenickiade weltbekannt wurde. Dazu gehört auch die zentrale Botschaft, nämlich den preußischen Militarismus und den Autoritätskult lächerlich zu machen. „Alles steht vor einer Uniform stramm, wie war das möglich?“, so Ziebler. Zu den neuen Exponaten zählt eine Uniform, die dem Original wesentlich näherkomme als das bisherige Ausstellungsstück, sagt sie.

„Köpenick wie der ganze Bezirk werden außerhalb Berlins vor allem über den Hauptmann wahrgenommen“, sagt Michael Diehl vom Tourismusverband Berlin Treptow-Köpenick. „Die Figur ist für die touristische Vermarktung des Bezirks extrem wichtig: Wie Mozart in Salzburg dient Wilhelm Vogt als Identifikationsfigur, die Gäste anzieht. Viele Busreisen führen aus diesem einen Grund nach Köpenick. Jeder geführte Rundgang hat bislang die Ausstellung im Rathaus angesteuert. Es ist gut, dass sie jetzt modernisiert wurde.“ Zwischen Januar und Mai dieses Jahres wurden in Treptow-Köpenick 220.000 Hotelübernachtungen gezählt. Das waren 2,8 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, so Diehl. Auch bei den Tagestouristen sei der Trend positiv. Am 16. Oktober 1906 ließ der als Hauptmann verkleidete Schuster Wilhelm Voigt die Stadtkasse Köpenicks beschlagnahmen und den Bürgermeister samt Kassendirektor verhaften. Die Ereignisse, die international für Aufsehen und Gelächter sorgten, sind als „Köpenickiade“ in die Geschichte eingegangen. Carl Zuckmayer verarbeite das Ereignis in seinem Theaterstück „Der Hauptmann von Köpenick“. Ein Historiker nannte Voigt den „Eulenspiegel des wilhelminischen Militärstaats“.

Autor und Bild: Nils Michaelis, Titelbild: imago/Jürgen Schwarz