Flughafen-Hickhack: Unterschiedliche Angaben zu parallelen Flugrouten geben Tegel-Fans Auftrieb.

Geht TXL in die Verlängerung oder geht er nicht? Der verwirrende Hickhack um den altgedienten Airport produziert im Tagesrhythmus neue Botschaften. Kürzlich hieß es überraschend, Tegel müsse sofort schließen, sobald der Großflughafen BER öffnete. Ansonsten würden die Flugrouten beider Flughäfen miteinander kollidieren, verlautete aus dem Bundesamt für Flugsicherung (BAF). Es gäbe keine genehmigten Routen, die einen Parallelbetrieb zuließen, auch nicht vorübergehend. Laut Gesetzeslage soll Tegel erst ein halbes Jahr nach der BER-Eröffnung geschlossen werden; auch wegen der Regierungs-Flugbereitschaft, die erst später in ein Provisorium am BER umziehen sollte. Flughafenchef Karsten Mühlenfeld sieht in der sofortigen Schließung kein Problem. Er will den zivilen Luftverkehr an einem Standort konzentrieren: „Wir brauchen Tegel nicht.“ Allerdings nannte er erneut keinen Öffnungstermin – vielleicht im November 2017, vielleicht auch erst im Sommer 2018… Kein Wunder, dass die Tegel-Fans neuen Schub spüren. Rückenwind bekommen sie jetzt von der Deutschen Flugsicherung (DFS). Nach deren Plan ist ein paralleler Flugbetrieb von TXL und BER plötzlich sogar auch längerfristig möglich. Zwar bezieht sich ihre Variante nur auf den Betrieb der Flugbereitschaft, doch nach Expertenmeinung gäbe es keine Probleme, diese Routen auch für die zivile Luftfahrt zu nutzen. Im Übrigen sei es durchaus vorstellbar, die Flugbereitschaft auf längere Sicht in Tegel-Nord zu belassen; so spare man die mehr als 70 Millionen Euro für das provisorische Regierungsterminal in Schönefeld. Schon jubelt FDP-Politiker Sebastian Czaja, nun habe „auch die Flugsicherung erkannt, dass Tegel als Ergänzung unabdingbar ist“. Angesichts der prognostizierten Kapazitätskrise am BER fordert die FDP seit langem, Tegel in Betrieb zu halten – ansonsten stünde die Metropolen-Region demnächst vor „unlösbaren luftverkehrlichen Problemen“.

Anhaltende Hängepartie

Das sehen hunderttausende vom TXL-Fluglärm Betroffene in Pankow, Reinickendorf, Spandau und in den Umlandgemeinden anders. Sie sind empört über die anhaltende Hängepartie, verursacht durch verzögerte Planungen, schleppende Bauarbeiten und ausstehende Genehmigungen. Bisher verschlang der Großflughafen 5,4 Milliarden Euro, und er verschlingt täglich weitere Millionen. Die geplagten Anwohner im Norden und Westen Berlins bekommen Unterstützung von den möglichen Koalitionspartnern: SPD, Linke und Grüne sind sich daran einig, TXL zu schließen, sobald am BER der erste Flieger abhebt. Sie haben nicht vor, den rechtskräftigen Widerruf seiner Betriebsgenehmigung zu widerrufen. Jetzt hoffen die Anwohner,
dass der künftige Senat dabei bleibt: Kein Pardon für TXL!

Jürgen Zweigert, Bild:Getty Images/iStock/theendup