Stadtentwicklung: Gewerbe will das Straßenbild künftig selbst gestalten.
Ab dem kommenden Jahr wollen die Anrainer ihren Tauentzien aufhübschen. Der stationäre Handel muss sich wegen der zunehmenden Online-Konkurrenz verändern und den Erlebnisfaktor erhöhen, sagt Gottfried Kupsch von der AG City. Erst vor drei Jahren haben die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg den Mittelstreifen neu gestaltet – seitdem herrscht dort Einheitsgrün und Friedhofsstimmung. Als Fehlinvestition will Angelika Schöttler, Bezirksbürgermeisterin in Tempelhof-Schöneberg, die damalige Umgestaltung nicht verstanden wissen. „Damals konnten wir natürlich von der jetzigen Initiative nichts ahnen“, sagt Schöttler. „Wichtig war damals ja auch, dass die Anlage für uns gut zu pflegen ist.“
Abstimmung mit Bezirk
Für KaDeWe und Konsorten ist das offensichtlich nicht mehr genug. Zwei Pavillions mit Außengastronomie sollen entstehen, ein extra engagierter Gärtner soll die Pflanzen je nach Jahreszeit wechseln, der BSR soll anstelle des Bezirks für Sauberkeit sorgen. Dazu sollen auf dem Platz Lotsen für mögliche Fragen insbesondere von Touristen stehen. Die Lotsen sind ein Knackpunkt unter mehreren in der derzeitigen Abstimmung mit dem federführenden Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, der für die Initiative schließlich noch das OK geben muss. „Hier herrscht die Befürchtung, dass es sich regelrecht um Schwarze Sheriffs handelt“, sagt Kupsch. Dabei sollen die Lotsen zwar gut mit der Polizei vernetzt, aber vor allem Chick sein. Weiterer Knackpunkt sind die Pavillions mit gastronomischem Angebot. Ausgerechnet im Tauentzien besteht jedoch ein großer Mangel an Restaurants oder Cafes, sagt Kupsch und verweist auf den zuletzt dicht gemachten McDonalds.
Neues Gesetz
Möglich ist die private Umgestaltung einer Straße seit November 2014 durch ein neues Gesetz. Eigentümer in einer Geschäftsstraße können sich damit zu Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISG) zusammenschließen und gemeinsam das Gebiet aufwerten. Die Kosten werden auf die Einheitswerte der einzelnen Grundstücke umgelegt, das soll Trittbrettfahrerei verhindern. Für den Tauentzien planen die Initiatoren in den kommenden fünf Jahren mit 8,7 Millionen Euro – ein Vielfaches von dem, was die Bezirke dort ausgeben. Diese Kosten werden auf etwa 50 Adressen umgelegt. 30 Prozent der Anrainer haben für die Pläne ihrer ISG gestimmt, nötig wären 15 Prozent. Kupsch rechnet jedoch auch mit Gegenstimmen unter den Eigentümern. Dass diese im Tauentzien mit ihrer ISG quasi zu den Pionieren gehören, kommt jedoch seiner Meinung nach nicht von ungefähr. „Die meisten Gebäude gehören familiengeführten Unternehmen – anders als Immobilieninvestoren identifizieren die sich mit der Straße“, sagt Kupsch.
Daniel Seeger, Bild: Lützow7