Das cineastische Urgestein steht zum Verkauf – und soll Kino bleiben.

Manuela Miethe, die Geschäftsführerin, geht in Rente. Michael Verhoeven, der Besitzer, geht auf die 80 zu. Zeit also, loszulassen: Das „Toni“ steht zum Verkauf. Zeitenwende oder nahtloser Übergang für die fast 100-jährige Institution am Antonplatz? „Nein, kein Abspann“, stellt Manuela Miethe energisch klar. „Das Kino bleibt. Akzeptiert wird nur, wer das Haus als Filmtheater weiterführt. Da stehen einige Interessenten auf der Matte.“ Keine Chance für Spekulanten – das versichert auch Michael Verhoeven und bedauert, dass er aus Altersgründen sein gut laufendes Filmhaus nicht weiterführen kann.

Anspruchsvolle Filme

Hinter der schlichten Fassade geht’s herrlich nostalgisch zu. Eine andere Zeit erwartet jeden, der das Foyer betritt: Stille, keine Reklame, kleine Tischchen mit Flyern, Historisches an den Wänden, Fotos berühmter Gäste, alte Projektoren sind ausgestellt. Die Karte kommt noch von der Rolle. Geradeaus liegt der große Kinosaal mit rund 260, linkerhand das kleinere „Tonino“ mit 100 Plätzen. Hier hebt sich tatsächlich noch der Vorhang – und der Hauptfilm läuft, ohne Werbung, ohne Blockbuster. Ein Fan-Kino, Treffpunkt für alle, die anspruchsvolle deutsche und europäische Filme lieben. „Darauf haben wir uns erfolgreich spezialisiert“, sagt Miethe, die seit 30 Jahren dabei ist. Ein zweites Standbein des Programmkinos sind Zeichentrick- und Animationsfilme für Kinder. Das lockt jährlich etwa 50.000 Besucher ins Haus. „Zu DDR-Zeiten waren es 130.000“, erinnert sie sich.

Digitale Technik

Das Filmtheater behauptete sich in allen Stürmen der Zeit: Im September 1920 als „Decla-Lichtspiele“ mit 700 Plätzen eröffnet, wurde es kurz darauf Ufa-Theater. Im Krieg stark zerstört, ging 1948 nach dreijähriger Restaurierung der Vorhang wieder hoch – in privater Hand und fortan mit dem Namen „Toni“. 1992 dann erwarb der renommierte Regisseur Michael Verhoeven von der Treuhand das Eckgebäude, baute das „Tonino“ an. Kino in seiner schönsten Form geht immer. Doch einige Jahre später kamen die Multiplexe, das Actionkino, Popcorn und Cola. Sie saugten auch dem „Toni“ die Gäste weg. Verhoeven ließ sich nicht beirren, setzte weiter auf außergewöhnliche, solide gemachte Filmkunst, ließ digitale Projektionstechnik einbauen. Ein Konzept, das mit den Jahren die Säle wieder füllte.

Sichere Fundamente

„Toni“ – ein altes Haus mit modernem Anspruch für ein anspruchsvolles Publikum. Manuela Miethe lässt keine Wehmut aufkommen: „So soll es bleiben. Jetzt werden die potentiellen Käufer auf Herz und Nieren geprüft. Endgültig entschieden wird erst Ende nächsten Jahres“, sagt sie. Genügend Zeit also, „Tonis“ Zukunft auf sichere Fundamente zu stellen.

Jürgen Zweigert, Bild: Jürgen Zweigert