Versorgung: Nach der Schließung eines Netto-Marktes im Kienbergviertel müssen Anwohner nun längere Wege für ihren Einkauf einplanen – Bezirkspolitiker wollen eine Neuansiedlung anregen.

Für viele Anwohner war es ein Schock, als Ende Juni die Netto-Filiale in der Kienberger Straße dicht machte. „Da der Mietvertrag endete und die Pläne des Eigentümers eine Weiterentwicklung des Standortes zu einem modernen Markt nicht ermöglicht haben, haben wir uns für eine Schließung entschieden“, erläutert Netto-Sprecherin Christina Stylianou.

Im Kiez ist man jetzt auf Kaisers-Märkte in der Allee der Kosmonauten und der Oberfeldstraße angewiesen, die im Durchschnitt ein gehobeneres Preissegment vertreten und zudem nur mit einem strammen Fußmarsch zu erreichen sind. Insbesondere für ältere Menschen ist der allerdings nicht immer zu leisten; sie müssen ihre Einkäufe nun etwa mit dem Bus transportieren.

Neuansiedlung erwünscht

„Die Schließung ist eine Entscheidung zum Nachteil der dort lebenden Anwohner, von denen viele auf einen fußläufig zu erreichenden Nahversorger angewiesen sind“, erklärt der Bezirksverordnete Kristian Ronneburg (Linke). Zwar könne das Bezirksamt eine solche Entscheidung des Unternehmens zunächst nur zur Kenntnis nehmen. Nun gelte es aber, „alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um eine Neuansiedlung eines Marktes anzuregen“, meint Ronneburg und ergänzt: „Gespräche mit einzelnen Unternehmen wären sicherlich sinnvoll, auch wenn Neuansiedlungen von Nahversorgern letztlich immer unternehmerische Entscheidungen sein werden. Der Bedarf ist da.“

Schlechte Erreichbarkeit

Tatsächlich drückt man auch bei Netto sein Bedauern über die Schließung der Filiale aus – und kritisiert zu starke Reglementierungen. „In Berlin unterhalten die Stadtbezirke eine restriktive Genehmigungspolitik, die zusammen mit der Grundstücksknappheit eine Neueröffnung an anderer Stelle unmöglich gemacht hat. Ein Abriss des ehemaligen Marktes mit anschließendem Neubau wurde von Seiten des Bezirksamtes leider nicht genehmigt“, sagt Netto-Sprecherin Stylianou.

Gleichwohl sei die Modernisierung der Bestandsfilialen in den kommenden Jahren geplant. „Idealerweise“ sollen dann auch in Marzahn-Hellersdorf neue Märkte eröffnen, so Stylianou weiter. Auch Kristian Ronneburg sieht die Lage im Bezirk insgesamt nicht allzu düster. „Die Versorgungssituation im Bezirk schätze ich als insgesamt gut ein“, sagt der Bezirkspolitiker, der allerdings gewisse Abstriche bezüglich der Erreichbarkeit im Süden und des Frischwarenangebots im Norden von Marzahn-Hellersdorf ausmacht. „Grundsätzliches Ziel muss es sein, sowohl Discounter als auch höherwertige Einzelhandelsangebote anzusiedeln, um eine ausgeglichene Versorgungsstruktur zu gewährleisten“, so Ronneburg weiter.

Weiterer Ausbau

Ein positives Beispiel ist für ihn etwa die Eröffnung einer Edeka-Filiale an der Raoul-Wallenberg-Straße, die nach dem Abriss eines Kaisers-Marktes im vergangenen Jahr weiterhin ein vielfältiges Angebot im Kiez gewährleisten soll. Und auch andere Märkte wollen ihr Angebot ausbauen. „Die qualitative Weiterentwicklung unseres Filialnetzes werden wir auch weiterhin verfolgen“, heißt es etwa von der ALDI GmbH.

Philip Aubreville / Bild: Frank Knispel/gnubier