Erziehung: Steglitz-Zehlendorf benötigt 457 Millionen Euro für die Sanierung von maroden Schulen.
Berlins Schüler wehren sich gegen ihre maroden Schulen. Sie haben die Nase voll von einsturzgefährdeten und gesperrten Gebäudeteilen, schadstoffbelasteten Deckenplatten, Legionellen in den Wasserleitungen, verschmutzten Toiletten und Schimmel in den Unterrichtsräumen. Um auf die dramatischen Zustände aufmerksam zu machen traten in Steglitz-Zehlendorf jetzt über 200 von ihnen in den Streik, zogen in einer Demo vom Rathaus Zehlendorf zum Rathaus Steglitz. „Da unsere Forderungen vom letzten Jahr nicht erfüllt wurden und sich an der baulichen Situation der Schulen kaum etwas geändert hat, haben wir den Schulstreik in diesem Jahr wiederholt“, erklärt Bezirksschülersprecher Juri Strauß.
Fast eine halbe Milliarde nötig
Und jetzt gibt es endlich amtliche Zahlen. 18 Monate haben die zwölf Berliner Bezirke den Sanierungsbedarf ihrer Schulen ermittelt. Das Ergebnis: Die Gesamtkosten für alle 700 Berliner Schulen belaufen sich auf 4,9 Milliarden Euro. Allein Steglitz Zehlendorf benötigt 457 Millionen Euro. Für akute Maßnahmen will der Senat in den kommenden zehn Jahren berlinweit 1,5 Milliarden Euro bereitstellen. Baustadtrat Michael Karnetzki (SPD) hofft, dass zusätzliche Mittel für Gebäude und Personal bereits 2017 bereitstehen. Parallel arbeite der Bezirk die aktuellen baulichen Vorhaben ab, etwa am Lilienthal-Gymnasium, der Karpfenteich-Grundschule oder der Bröndby-Schule. „Die Problematik ist im normalen Schulalltag allzeit präsent“, sagt Juri Strauß. Dass dieser normale Schulalltag durch den Streik so durcheinandergewirbelt wurde, veranlasste manchen Beobachter zu der Vermutung, es handele sich um organisiertes Schulschwänzen. Der Schülersprecher weist dies entschieden zurück. Man setze auf die Entscheidungsfähigkeit von Schülern und habe den Streik deshalb etwa an Grundschulen nicht beworben. „Die durch das Grundgesetz garantierte Demonstrationsfreiheit ist ein höheres Gut als die Schulpflicht. Dies wurde uns so durch die Polizei bestätigt“, sagt Strauß.
Eltern weisen Vorwürfe zurück
Auch Birgitt Unteutsch vom Bezirks-eltern-Ausschuss Steglitz-Zehlendorf (BEA) hält von derartigen Vorwürfen sehr wenig. „Ich hätte mir mehr Unterstützung durch die Schulen und die Lehrer gewünscht. Man hätte ja auch in Abstimmung mit den Erziehungsberechtigten einen Ausflug mit den Klassen organisieren können und so beispielhaft gelebte Demokratie zeigen können“, meint Unteutsch. Der Streik sei eine von vielen Aktionen, mit denen Eltern, Lehrer und Schüler in letzter Zeit „einiges in Bewegung gebracht“ hätten.
Philip Aubreville, Bild: Privat