Feinstaub steht bereits seit längerer Zeit in Verdacht als Auslöser verschiedener Erkrankungen. Den meisten ist bekannt, dass sich die feinen Partikel insbesondere negativ auf die Atemwege auswirken. Neue Erkenntnisse berichten nun auch von einem Zusammenhang zwischen der Feinstaubbelastung und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und Übergewicht.

Feinstaub und der Stoffwechsel

Oftmals gelten Adipositas und Diabetes als selbstverschuldete Erkrankungen. Eine zucker- und fetthaltige Ernährung, hoher Alkohol- oder Nikotinkonsum sowie zu wenig Bewegung beeinträchtigen den Stoffwechsel und führen zu einer Insulinresistenz. Zwar wurden auch Virus-Infektionen der Atemwege mit Diabetes bereits in Verbindung gebracht, doch betrifft dies die Typ-1-Erkrankung, welche als erblich bedingt gilt. Nun werden auch für die Typ-2-Erkrankung sowie andere Stoffwechselerkrankungen mögliche Effekte des Feinstaubs in den Mittelpunkt gerückt.

Wie eine aktuelle Studie aus Beijing zeigt, bringen die feinen Staubpartikel den Stoffwechsel exzessiv durcheinander. Mäuse wurden hierbei für ein halbes Jahr Feinstaubbelastungen ausgesetzt, wie sie in Peking zu finden sind. Dabei erhöhte sich der Bauchumfang der Tiere drastisch.

Neben der Gewichtszunahme konnten Gewebsentzündungen, erhöhte LDL-Cholesterinspiegel, erhöhte Blutfettwerte und eine erhöhte Insulinresistenz ermittelt werden.

Studien erhärten die These

Bereits 2015 kam eine Studie aus dem Ruhrgebiet zu ähnlichen Ergebnissen. Die Langzeitstudie ergab, dass Menschen, die an Hauptverkehrsstraßen wohnen, ein deutlich höheres Diabetes-Risiko tragen. Von den 3.607 Teilnehmern erkrankten innerhalb des Beobachtungszeitraums von fünf Jahren 331 Probanden an Diabetes. Die Betroffenen lebten in der Nähe einer Hauptverkehrsstraße.

Noch relativ neu ist eine Untersuchung der Universität Basel. Dabei wurden 6.000 Schweizer untersucht. Auch hier zeigte sich, das Risiko an Diabetes zu erkranken nahm mit der Stärke der Exposition von Feinstaub und Stickoxiden zu. Nach bisherigen Erkenntnissen liege der Faktor wohl bei 10 µg/m3 PM10 zu 10.000 Diabetes-Neuerkrankungen pro 1 Million Einwohner. Dies ergaben bereits Schätzungen des amerikanischen Epidemiologen John Brownstein im Jahr 2010.

Wirkt Feinstaub auf das Gehirn?

Vermutet wird unter den Forschern eine Einflussnahme des Feinstaubs auf das Sättigungszentrum im Gehirn, welche die Signalübertragung der Sättigung stört. In Folge des beeinträchtigen Hypothalamus stellt sich ein ständiges Hungergefühl ein und die Kalorienaufnahme wird erhöht.

Obwohl anfängliche Studien aus Amerika auf einen solchen Zusammenhang hindeuten, konnte dieser bisher nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Dass Feinstaub Einfluss auf das Gehirn ist jedoch nach Erkenntnissen einer spanischen Studie an 2.700 Schulkindern kaum von der Hand zu weisen. Die Forscher stellten fest, dass die Kinder umso mehr Lernprobleme aufwiesen und in Intelligenztests schlechter abschnitten, je näher die Schule an einer vielbefahrenen Hauptstraße lag.

Feinstaub als Risikofaktor für die Gesundheit

Mit dem bloßen Auge ist Feinstaub nicht sichtbar, doch dies macht die Mikropartikel umso gefährlicher. Die kleinen Partikel haben eine Größe von 2,5 Mikrometern – das entspricht dem Dreißigstel eines Menschenhaares – bis 10 Mikrometern. Feinstaub ?ist eine Mixtur unterschiedlichster Stoffe, die aus Auspuffanlagen, durch Reifenabrieb, Abgasen aus?der Industrie und aufgewirbeltem Staub bestehen. Sie werden bei der Atmung inhaliert und gelangen in die Atemwege sowie in die Blutbahn. In Folge können Entzündungen und verschiedene Erkrankungen entstehen.

So kann eine hohe Feinstaubbelastung das Risiko koronarer Erkrankungen sowie Asthma und Lungenkrebs erhöhen. Kinder in stark belasteten Regionen erkranken auffallend häufig an Mittelohrentzündungen. Babys kommen zu früh und mit einem geringen Geburtsgewicht auf die Welt. Der Anteil der Allergiker ist deutlich erhöht. Insgesamt gilt Feinstaub daher nicht nur als gesundheitsgefährdend sondern auch lebensverkürzend.

Aufgrund der gesundheitlichen Gefahren sind die europaweiten Grenzwerte seit 2015 verbindlich einzuhalten. Der zulässige Tagesgrenzwert beträgt 50 µg/m3 und darf nur 35 mal im Jahr überschritten werden, wobei der Jahresmittelwert bei 40 µg/m3 liegt. Bereits zu Jahresbeginn 2016 wurde der Tageswert an 5 Berliner Messpunkten überschritten. Im vergangenen Jahr konnte die Hauptstadt den Jahresmittelwert jedoch halten, der sich je nach Stadtgebiet zwischen 17 und 29 bewegte.

red. / Bild: ©shutterstock.com/Johan Larson