FILM „Lolita lesen in Teheran“ – der neue Film des israelischen Filmemachers Eran Riklis
Seit seinem internationalen Durchbruch mit „Die syrische Braut“ im Jahr 2004 hat uns der israelische Filmemacher Eran Riklis, Jahrgang 1954, mit großartigen Filmen wie „Lemon Tree“ oder „Zaytoun“ beglückt, in denen er wiederholt zu einer Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern eintrat. Nach „Mein Herz tanzt“ von 2014 hat Riklis nun für „Lolita lesen in Teheran“ erneut eine autobiografische Romanvorlage adaptiert – es ist die Geschichte der iranisch-stämmigen Hochschulprofessorin und Schriftstellerin Azar Nafifi, die hier erzählt wird.
Nachdem Azar Nafisi in den USA englische und US-amerikanische Literatur studiert hat, kehrt sie im Sommer 1979 mit ihrem zweiten Ehemann, dem Bauingenieur Bijan Naderi, in den Iran zurück, weil sie nach dem Sturz des Schahs beim Aufbau eines neuen Irans mithelfen will. Anfangs unterrichtet sie wissbegierige Studierende in englischsprachiger Literatur, spürt aber auch dort schnell die Widerstände des immer rigoroser agierenden Mullah-Regimes. Das Fatale ihrer Situation erkennt sie, als nach Studierendenprotesten eine ihrer Schülerinnen verhaftet und schließlich sogar hingerichtet wird.
Erdrückende Aktualität
Doch es dauert bis 1995, bis Nafisi ihre Lehrtätigkeit aufgibt, auch weil sie sich weigert, den Hijab zu tragen. Doch so leicht gibt sie nicht auf, fortan versammelt sie in ihrer Wohnung bei geheimen Treffen und unter großer Gefahr einige ihrer Studentinnen. Gemeinsam lesen sie Literatur von Henry James‘ „Daisy Miller“ bis zu Vladimir Nabokovs „Lolita“. 1997 emigriert Nafisi dann mit ihrer Familie endgültig in die USA.
„Für mich handelt dieser Film nicht nur vom Iran. Er behandelt leider den Zustand der Dinge – und das, was in vielen Ländern und Regionen der Welt noch bevorsteht. Er handelt von meinem eigenen Land, Israel. Er handelt vom Nahen Osten. Er handelt also von der Welt, in der wir heute leben.“ – Das sagt Eran Riklis und betont so das Universelle dieser Geschichte über Unterdrückung, Menschenrechtsverletzungen und jene Mutigen, die sich dagegen auflehnen.
Die schnörkellose Inszenierung des in Italien gedrehten Films setzt ganz auf seine Schauspielerinnen, allen voran Golshifteh Farahani als Azar Nafisi. Sie spielte schon in Riklis‘ „Aus nächster Distanz“ und glänzte in Jim Jarmuschs „Paterson“. Neben aller Humanität ist dies auch ein Plädoyer für die Kraft der Literatur.
Text: Martin Schwarz
Lolita lesen in Teheran: ISR/I 2025, 108 Min., R: Eran Riklis, D: Golshifteh Farahani, Zar Ami, Mina Kavani u.a., Kinostart: 20.11.


